Wunderwerk Verdauung

© Thorsten Schmitt – stock.adobe.com

Der Magen-Darm-Trakt des Menschen ist insgesamt rund sechs Meter lang. Auf dem Weg vom Mund bis zur Austrittsöffnung des Darms, dem After, sorgen zahlreiche Vorgänge für die Verdauung der Nahrung und die Aufnahme lebensnotwendiger Nährstoffe. apropos zeigt einige erstaunliche Fakten über unser Verdauungssystem und räumt mit einem Mythos auf.

Hätten Sie es gewusst? Die Oberfläche des Darms erstreckt sich auf rund 300 bis 500 Quadratmeter. Der Darm ist damit das größte Organ des Menschen. Diese gigantische Oberfläche wird erreicht durch die zahllosen winzigen Zotten und Falten in der Darmwand. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Hautoberfläche beträgt im Schnitt nicht einmal zwei Quadratmeter. Insgesamt besiedeln rund 100 Billionen Bakterien den Darm – das macht bei einem durchschnittlichen Erwachsenen ein Gewicht von rund anderthalb Kilogramm aus. Das sind 1600-mal mehr Lebewesen, als derzeit Menschen auf der Erde existieren.

Das Hirn im Darm

Der menschliche Darm wird umgangssprachlich oft als „zweites“ Gehirn bezeichnet. Dort werden mehr als 20 Hormone gebildet, darunter auch das Glückshormon Serotonin und das Schlafhormon Melatonin. Rund 100 Millionen Nervenzellen sind in den Darmwänden zu einem Netz verflochten – das sind mehr als das ganze Rückenmark besitzt. Nicht nur, dass viele Nervenstränge vom Darm aus zum Gehirn führen, der Darm soll Erkenntnissen zufolge auch eigenständig agieren: Er nimmt wahr, lernt und korrigiert. Nicht umsonst liegen uns Dinge „schwer im Magen“ und viele Menschen neigen beispielsweise bei Angst und Stress zu Durchfall als Reaktion. Forscherinnen und Forscher untersuchen die Zusammenhänge zwischen unseren Darmaktivitäten und der Entstehung und Entwicklung von Erkrankungen unter dem Stichwort der sogenannten „Darm-Hirn-Achse“. Sie gehen davon aus, dass der Informationsaustausch in beide Richtungen über Nervenbahnen, Hormone oder auch über Stoffwechselprodukte unserer Darmbakterien erfolgt. Bei diesem Untersuchungsansatz versuchen Forschende Krankheiten genauer zu verstehen, um sie zukünftig besser behandeln zu können.

So funktioniert unsere Verdauung

Die Verdauung beginnt bereits im Mund: Wer die Speisen ausreichend durchs Kauen zerkleinert – idealerweise jeden Bissen etwa dreißigmal – und mit Speichel vermischt, vereinfacht die darauffolgenden Verdauungsschritte. Etwa ein bis zwei Liter Speichel produziert ein Mensch durchschnittlich pro Tag. Die Inhaltsstoffe des Speichels leiten im Mund die ersten Verdauungsschritte ein. Wer gut kaut, kann dadurch übrigens abnehmen, denn man isst automatisch langsamer und nimmt das Sättigungsgefühl besser wahr, was im Schnitt nach rund 15 Minuten einsetzt.

Tonnenweise Nahrung

Etwa 30 Tonnen Nahrung und über 50.000 Liter Flüssigkeit verarbeitet unser Darm im Laufe unseres Lebens. Getränke verlassen bereits nach gut einer Stunde den Magen in Richtung Darm. Abhängig von der Art der Speisen unterscheidet sich ihre Verweildauer, bevor sie den Magen verlassen: Gemüse, Vollkornbrot, Bratkartoffeln oder Geflügel verbleiben bis zu fünf Stunden. Sahne, Fisch und Ei benötigen etwa drei Stunden, Speisen wie Milch, Reis und Kartoffeln nur bis zu zwei Stunden. Am längsten dauert die Verarbeitung von fetten Speisen wie beispielsweise dem berüchtigten Sonntagsbraten. Erst nach bis zu sieben Stunden wird er in Richtung Dünndarm geschleust.  

Der Dünndarm: Ursprung der Unverträglichkeiten

Im Dünndarm werden Nahrungsbestandteile wie Fette, Vitamine, Spurenelemente, Aminosäuren und Kohlenhydrate über die Schleimhaut in den Blutkreislauf aufgenommen. Nahrungsmittelunverträglichkeiten haben ihren Ursprung im Dünndarm. Beispielsweise wirkt hier das Enzym Laktase, welches für die Spaltung des Milchzuckers verantwortlich ist. Auch der Abbau von Fruchtzucker findet hier statt. Erkrankungen wie die Zöliakie, die Gluten-Unverträglichkeit, äußert sich durch einen chronisch entzündeten Dünndarm.

Im Dickdarm landen schließlich die unverdaulichen Nahrungsreste. In diesem Darmabschnitt wird ihnen noch das Wasser und die Salze entzogen, dadurch dickt der Stuhl ein. Er besteht hinterher gut zur Hälfte aus Bakterien und abgestorbenen Darmzellen. Die gesamte Schleimhaut des Darms wird durch den Körper etwa alle drei bis sechs Tage erneuert. Aufgrund der sehr großen Anzahl an unterschiedlichsten Bakterien ist die Darmflora sehr aktiv und reagiert in Abhängigkeit auf die gegessenen Nahrungsmittel. Die Folgen sind unter Umständen Blähungen, Durchfall oder Verstopfung. Treten diese Phänomene gelegentlich auf und verschwinden zeitnah wieder, können Betroffene unbesorgt sein. Treten sie regelmäßig und verstärkt auf, ist es sinnvoll, sich ärztlichen Rat einzuholen.

Die zwei Schließmuskel des Afters

In dem rund zwanzig Zentimeter langen Enddarm sammeln sich schließlich die unverdauten Nahrungsreste, bevor sie ausgeschieden werden. Damit nicht ungewollt Stuhl austritt, arbeiten zwei Schließmuskel mit den Hämorrhoiden zusammen. Diese gut durchbluteten Gefäßpolster helfen dabei, den After abzudichten. Bei einer Vergrößerung der Hämorrhoiden können schmerzhafte Probleme entstehen. Füllt sich der Enddarm schrittweise mit Stuhl, werden Dehnungsrezeptoren aktiv, die ausgelöst durch Nervenimpulse den inneren Schließmuskel öffnen. Die Folge: Das Gefühl, auf Toilette zu müssen, verstärkt sich. Der äußere Schließmuskel unterstützt den inneren Schließmuskel, indem er solange verschlossen bleibt, bis das Bewusstsein das Startsignal für die Entleerung des Enddarms gibt – bei Entspannung öffnet er sich.

Für viele Menschen ist der Stuhlgang ein äußerst schambehaftetes Thema, dennoch handelt es sich hierbei um einen natürlichen Vorgang. Wer seinen Stuhl einmal genauer betrachtet, kann daraus viel über die eigene Gesundheit ableiten, denn die Beschaffenheit, Farbe und der Geruch des Stuhls können auf Erkrankungen hinweisen. Die Bandbreite dessen, was als normaler Stuhlgang gilt, ist ziemlich groß. Ob wurstförmig, weich, fest oder klumpig, oder alle drei Tage oder drei Mal am Tag – das alles kann völlig unbedenklich sein. Die typisch braune Farbe des Stuhls entsteht durch Verdauungssäfte wie die Gallenflüssigkeit. Abweichungen in der Farbe können insbesondere durch die Ernährung zeitweise auftreten.  Wer bei sich selbst gewisse Regelmäßigkeiten feststellt, muss bei einer Abweichung nicht direkt in Sorge verfallen. Weichen Farbe, Konsistenz und Geruch mehr als drei Tage von der Norm – einem „aromatischen“ braunen, geschmeidigen und dennoch geformten Stuhl – ab, ist ein Arztbesuch ratsam. Bei Blut im Stuhl oder am Papier sollten Betroffene allerdings umgehend ärztlichen Rat einholen, da schwerwiegendere Erkrankungen die Ursache sein könnten.

Cola und Salzstangen als Retter in der Not?

Bei Durchfall hört man oft die Empfehlung, Cola und Salzstangen zu essen, weil Flüssigkeit und Mineralstoffe verloren gingen. Auf diese Kombination als Nothelfer sollte man allerdings besser verzichten, da Cola sehr viel Zucker enthält, was die Probleme verschlimmern kann und den Salzstangen wiederum die benötigten Minerale fehlen. Besser ist, man greift zu Elektrolytlösungen, wie sie in Apotheken erhältlich sind, um seiner Verdauung wieder auf die Sprünge zu helfen.

Hinweise und Tipps

• Wer bei seinem Stuhlgang über mehrere Tage einen üblen, beißenden Geruch oder eine merkwürdige Färbung (insbesondere weiß, blutig oder schwarzbraun) wahrnimmt, sollte nicht zögern, sich umgehend ärztlichen Rat einzuholen. Hier gilt im Zweifel: Lieber einmal zu viel als zu wenig, weil Fachleute anhand der Beschaffenheit des Stuhls sehr wichtige Anhaltspunkte für Erkrankungen ableiten können.  

 • Eine Elektrolytlösung lässt sich auch selbst zu Hause herstellen: Man nehme einen Liter abgekochtes Leitungswasser oder stilles Mineralwasser und rühre je einen viertel Teelöffel Kochsalz und Backpulver hinein. Dazu kommen zwei Esslöffel Zucker oder Honig und eine halbe Tasse Orangensaft. Diese Mischung sollte der Betroffene in kleinen Schlucken trinken. Ebenfalls ein bis zwei kleingedrückte Bananen helfen, den Kaliumspeicher wieder aufzufüllen.

Abo Abo
Newsletter Newsletter
stiftung Stiftung
AC Forscht Aachen forscht

Archiv