Wenn die Worte fehlen

Sich klar und verständlich ausdrücken zu können, ist für die meisten von uns eine absolute Selbstverständlichkeit. Doch das kann sich plötzlich ändern. Nach einem Schlaganfall, durch einen Unfall oder eine Nervenerkrankung kann jeder eine Aphasie erleiden und sprachlos werden. Sie ist die Folge einer Schädigung meist der linken Hirnhälfte und verändert die Fähigkeit, sich mit Sprache auszudrücken und Sprache zu verstehen.

Sprache neu lernen

An der Uniklinik RWTH Aachen gibt es in der Klinik für Neurologie eine spezielle Abteilung für solche Fälle. Die Aachener Aphasiestation ist seit mehr als 30 Jahren auf Aphasien aller Schweregrade spezialisiert, vor allem die durch Schlaganfall und Schädel-Hirn-Trauma hervorgerufen wurden. Mittels hochintensiver neurolinguistischer Therapie werden hier Patienten mit akuter, aber auch chronischer Sprachstörung erfolgreich behandelt. Untersuchungsund Behandlungsschwerpunkte betreffen insbesondere die aphasischen Kommunikationsstörungen. Weiterhin werden auch häufig daneben bestehende Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeit, der Raum- und Zahlenverarbeitung sowie Störungen des Gedächtnisses untersucht und bei der Sprachtherapie berücksichtigt.

Die Aachener Aphasiespezialbehandlung ist multidisziplinär und von hoher Intensität. Durch sprachsystematische Therapien kann das Team sprachliche Fähigkeiten von Aphasikern bessern und manchmal wiederherstellen. Diese führen nicht nur bei akuten und postakuten, sondern auch bei Patienten im chronischen Stadium nachweislich zu signifikanten Verbesserungen. Mit ihrem besonderen Konzept ist die Aachener Aphasiestation – ebenso wie die Sprachambulanz zur Diagnostik neurogener Sprach- und Sprechstörungen – einmalig in Deutschland.

Gute Nachrichten für Aphasiker

An der Uniklinik RWTH Aachen ist zudem eine kontinuierliche wissenschaftliche Begleitung der Aphasiebehandlung gewährleistet. Patienten haben die Möglichkeit, zusätzlich zur intensiven neurolinguistischen Therapie und Beratung, neue Verfahren zur Behandlung oder Diagnostik kennenzulernen. Universitäre Forschung und evidenzbasierte Therapie werden unmittelbar verknüpft und tragen zur Effizienz und Effektivität bei.

Was in der Praxis schon lange bewährt ist, wurde jetzt auch wissenschaftlich belegt: In diesem Jahr konnten Sprachforscher, auch von der Aachener Uniklinik, im Rahmen einer Großstudie bislang fehlende Nachweise zur Wirksamkeit einer Intensivtherapie, wie sie an der Aphasiestation schon lange etabliert ist, bei chronischer Aphasie liefern. Die Ergebnisse der Studie belegen, dass eine intensive Sprachtherapie zu einer deutlichen und langanhaltenden Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit führt. Eine ambulante Therapie, wie sie normalerweise verordnet wird, bewirkte hingegen keine Verbesserung. Das sind gute Nachrichten für Aphasiker, denn die deutschen Krankenkassen übernehmen aktuell nicht ohne Weiteres die Kosten für eine Intensiv-Sprachtherapie – obwohl die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie dies seit vielen Jahren als wirksames Verfahren empfiehlt. Grund dafür war bislang mangelnde, wissenschaftlich hinreichende Evidenz zur Wirksamkeit der Therapie. Diese Lücke konnte die Großstudie schließen. Es steht zu erwarten, dass die nationalen und internationalen Leitlinien diesen Erkenntnisgewinn rasch widerspiegeln werden. Damit entsteht für Betroffene die berechtigte Hoffnung, von diesem wissenschaftlichen Fortschritt der Medizin bald profitieren zu können.

Sprache neu lernen: Ein Patient übt in der Uniklinik RWTH Aachen im Rahmen einer Therapieeinheit eine „Wort-Bild-Zuordnung“.
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