Verliebtsein: Herzensangelegenheit oder doch Kopfsache?

© Kindlena – stock.adobe.com

Verliebtsein heißt Ausnahmezustand, und zwar nicht nur für die Seele – auch der Körper läuft auf Hochtouren. Die Welt ist rosarot, das Herz hüpft vor Freude. Geht alles gut, kann aus diesem Gefühl echte Liebe entstehen. Obwohl das Gefühl gemeinhin dem Herzen zugesprochen wird, ist das Hirn für die Steuerung zuständig. „Zugegeben: das klingt ziemlich unromantisch. Aber letztlich sind die Hormone der Treibstoff der Liebe, nicht das hüpfende Herz“, sagt Prof. Neuner. Beteiligt sind unter anderem die Hormone der Schilddrüse, Stress- und Geschlechtshormone sowie das Hormon Oxytocin, das auch als „Kuschelhormon“ bezeichnet wird. Es vermittelt intensive emotionale Erfahrungen, fördert das Vertrauen und stärkt die Bindung des Paares. Auch Adrenalin ist im Spiel, wie bei jeder Form von Stress. Eine weitere Rolle spielen die Geschlechtshormone: Bei Frauen sind es die Östrogene und Testosteron, bei Männern vorrangig das Testosteron. „Diese Hormone beeinflussen zwar unsere Gefühlswelt, steigern aber in erster Linie das sexuelle Verlangen“, so die Expertin.

Botenstoffe verleihen Glücksgefühl

Neben den Hormonen werden im Gehirn auch Botenstoffe wie Dopamin, Endorphin und Serotonin ausgeschüttet. Sie sorgen für Euphorie und ein rauschartiges Glücksgefühl. Dopamin spielt die wichtigste Rolle für das Belohnungssystem, das positive Gefühle verstärkt und koordiniert. Während der Phase des Verliebtseins sinkt der Serotoninspiegel, was ein berauschendes Gefühl hinterlässt. Die Hirnareale, die sonst für Zurückhaltung und kritisches Hinterfragen sorgen, sind nicht aktiv. „Wir handeln instinktiv, die Vernunft ist abgeschaltet. Auf einmal machen wir Sachen, die wir normalerweise niemals tun würden“, meint die Forscherin. So ließe sich auch erklären, warum manche „blind vor Liebe“ oder „verrückt vor Liebe“ seien.

Nach der Phase des Verliebtseins

So viel ist sicher: Verliebtsein ist etwas anderes als Liebe. In diesem Zustand ist unser gesamtes System aktiviert, es geht um das Zusammenspiel der Hormone. „Den Partner sein Leben lang zu lieben, heißt aber nicht, dass ich immer Schmetterlinge im Bauch habe. Dieser Stresszustand wäre für den Körper auf Dauer auch viel zu anstrengend“, sagt Prof. Neuner. Viel wichtiger seien Gefühle der Verbundenheit, der Wärme oder des Vertrauens, die sich langfristig im Gehirn abspeichern lassen und uns damit dauerhaft an den Partner binden. „Schützen kann sich vor der Liebe übrigens niemand; auch kein Wissenschaftler, der versucht, diesen Prozess nachzuvollziehen.“

Abo Abo
Newsletter Newsletter
stiftung Stiftung
AC Forscht Aachen forscht

Archiv