Eine Verengung der Halsschlagader ist gefährlich, denn dieses Gefäß versorgt das Gehirn mit Blut. Je nach Schweregrad ist das Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, stark erhöht. Doch lässt sich das vermeiden? In gewisser Weise schon, meint Priv.-Doz. Dr. med. Alexander Gombert, Leitender Oberarzt in der Klinik für Gefäßchirurgie an der Uniklinik RWTH Aachen. Im Gespräch mit apropos erklärt er, worauf es dabei ankommt und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, um das Schlimmste zu verhindern.
Jährlich erleiden rund 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Bei etwa jedem 9. Betroffenen ist die Ursache eine Verengung oder ein Verschluss der inneren Halsschlagader (Arteria carotis). Medizinerinnen und Mediziner sprechen dann von einer sogenannten Carotisstenose. „Wie in allen anderen Gefäßen des Körpers können sich auch an den Halsschlagadern Ablagerungen bilden – sogenannte Plaques“, erläutert Dr. Gombert. „Hauptursache ist eine Arteriosklerose, bei der sich die Arterien durch Kalk, Fette, Bindegewebe und Blutgerinnseln zunehmend verengen und ihre Elastizität verlieren.“ Das Resultat ist eine Minderdurchblutung des Gehirns.
Zwar ist die Verkalkung von Gefäßen ein alterungsbedingter, natürlicher Prozess; dennoch gibt es Faktoren, die eine Carotisstenose begünstigen. Dazu zählen Rauchen, Übergewicht, erhöhte Blutfettwerte, Diabetes und Bluthochdruck. „Demnach hat der Lebensstil einen großen Einfluss auf die Krankheitsentstehung“, betont der Experte.
Erste Anzeichen ernst nehmen
Die Carotisstenose verläuft meist lange Zeit ohne Symptome, was sie umso gefährlicher macht. Erste Warnzeichen einer verengten Halsschlagader können Sehstörungen mit plötzlicher, vorübergehender Blindheit auf einem Auge, Schwindel, Lähmungen und Taubheit in Gesicht, Armen und Händen sowie Sprachstörungen sein. „Bei solchen Anzeichen sollten Betroffene umgehend einen Arzt aufsuchen. Auch wenn die Beschwerden nur kurze Zeit andauern, können die Folgen dieser schleichenden Erkrankung lebensbedrohlich sein“, warnt der Mediziner.
Ultraschalluntersuchung gibt Aufschluss
Zur genauen Abklärung werden bildgebende Verfahren durchgeführt, mit denen sich eine Carotisstenose sicher diagnostizieren lässt. „Mittels Ultraschalluntersuchung, der farbkodierten Duplexsonographie, können wir sowohl den Blutfluss als auch die Gefäßwand beurteilen und innerhalb weniger Minuten eine durch Kalkablagerungen entstandene Verengung der Halsschlagader nachweisen“, so der erfahrene Oberarzt. Verhärtet sich der Verdacht auf eine relevante Einengung der Halsschlagader, werden ergänzende Untersuchungen des Gehirns wie eine Magnetresonanz-Tomographie oder eine Computertomographie durchgeführt. „Leitliniengerecht besteht eine Therapieindikation bei asymptomatischen Stenosen ab einem Stenosegrad von 80 Prozent, bei symptomatischen Stenosen bereits ab 50 Prozent“, rät Dr. Gombert. Eine begleitende medikamentöse Therapie zur Minimierung arteriosklerotischer Gefäßveränderung mittels Thrombozytenaggregationshemmung, einem Blutfettwertsenker sowie die Einstellung des Blutdrucks werden in Absprache mit dem betreuenden Hausarzt empfohlen.
Interdisziplinäre Therapieentscheidung
Um die Patientinnen und Patienten optimal zu betreuen, arbeiten die Gefäßchirurginnen und -chirurgen an der Uniklinik RWTH Aachen eng mit den Kolleginnen und Kollegen der Neurologie sowie der Neuroradiologie zusammen.
Die offene Operation stellt nach wie vor den Goldstandard in der Behandlung von Carotisstenosen dar, bei der die Halsschlagader über einen kleinen Schnitt am Hals freigelegt und die Verkalkung aus dem Gefäßbett entfernt wird. Der Verschluss des Gefäßes erfolgt mittels eines kleinen Flickens, auch Patch genannt. „Sowohl die Operation als auch die interventionelle Behandlung mittels Stent-Implantation führen wir an der Uniklinik RWTH Aachen routinemäßig durch. Während des chirurgischen Eingriffs wird die Gehirnfunktion kontinuierlich überwacht, um mögliche Durchblutungsstörungen rechtzeitig zu erkennen“, versichert Dr. Gombert.
„Da die Entscheidung, wie die Behandlung der Halsschlagaderverengung am besten erfolgt, von vielen Faktoren abhängig ist, sollte sie individuell und mit der Erfahrung und Expertise aller drei Fachabteilungen getroffen werden“, rät der Gefäßexperte. Die Aachener Spezialistinnen und Spezialisten verfügen über langjährige Erfahrung und Kompetenz in der Diagnosestellung, Behandlung und Verlaufskontrolle der Carotisstenose.