Was für ein Typ Mensch muss man sein, um diesen Beruf zu wählen und sich dem freiwillig auszusetzen, was manch ein Mensch auf keinen Fall erleben will? Woher nimmt ein Arzt, der jeden Tag neue Patienten im Rettungsdienst in schlimmen Lebenslagen sehen muss,
seinen Optimismus? Der Autor Dr. med. Christoph Schenk, Jahrgang 1965, ist Facharzt für Allgemeine und Unfallchirurgie sowie Notfallmedizin. Nach Stationen unter anderem in Fulda, Darmstadt, Stuttgart und der Schweiz lebt er heute in Niedersachsen.
Schenk ist ein „alter Hase“ und seit über 20 Jahren im Einsatz, er hat entsprechend viel gesehen. Er hat reanimiert, stabilisiert und Leben gerettet. Für ihn ist jeder Einsatz eine
neue Herausforderung – sei es ein dramatischer Verkehrsunfall, bei dem jede Hilfe zu spät kommt, eine spontane Geburt am Straßenrand oder verwechselte Medikamente, die bei
Oma einen veritablen Rausch und bei den Enkeln große Sorge auslösen.
Jeder Fall ist anders, neue Menschen, Schicksale und Herausforderungen. Bisweilen glückt die Rettung, manchmal kommt leider jede Hilfe zu spät. In seinem Buch „Blaulicht und Blutmond – Im Einsatz zwischen Leben und Tod“ hat er nun die spektakulärsten, anrührendsten und kuriosesten Fälle seiner beruflichen Laufbahn zusammengetragen, gut beobachtet, temporeich und, wo es inhaltlich auch angemessen ist, mit feinem Humor kommentiert. Schenk gewährt seinen Lesern in 25 Episoden einen kurzweiligen, authentischen, hin und wieder komischen und manchmal tieftraurigen Blick in sein Leben als Notarzt. Das Besondere: Stil und Thema geben sich in diesem Buch gekonnt die Hand.
Der Leser ist bei den Einsätzen immer hautnah dabei und praktisch live an der Seite der Retter. Ehrlich, ungeschönt und mit Respekt gegenüber dem Leben. Vor allem gilt: Der Autor kann erzählen. Schenk schreibt eingängig, knapp und informativ, konzentriert
den Blick auf das Wesentliche gelenkt, manchmal im stilistischen Stakkato, aber immer ohne Schnörkel und Eitelkeiten. Das vermittelt Spannung von der ersten bis zur letzten Seite. Mal war das Erlebte besonders kurios, manchmal ausgesprochen tragisch.
Wenn Schenk dann im Nachgang die Hintergründe eines Einsatzes beschreibt, wenn er
zeigt, wie es dazu kam, begegnet der Leser nicht mehr dem Arzt Schenk, sondern dem
Menschen dahinter, der abseits seiner Einsätze das Geschehene reflektiert. Am Ende wird
deutlich: Es gibt fest einstudierte Abläufe und Techniken, aber es kann bei diesem Beruf
keine endgültige Routine aufkommen, da das Unerwartete stets Teil des Möglichen bleibt.
In jedem Fall sieht der Leser den Notfallmediziner nach der Lektüre mit anderen Augen.