Knapp die Hälfte der Bevölkerung ist davon betroffen und keine Frau kommt um sie herum: die Wechseljahre. Mit dem Klimakterium beginnt eine natürliche Lebensphase in der zweiten Lebenshälfte der Frau. Viele leiden unter körperlichen und psychischen Beschwerden, ohne genau einordnen zu können, was überhaupt im Körper passiert. Im Interview erklärt Oberärztin Dr. med. Nele Freerksen-Kirschner, worauf Frauen in den Wechseljahren achten sollten.
Frau Dr. Freerksen-Kirschner, was verbirgt sich hinter dem Begriff „Wechseljahre“?
Dr. Freerksen-Kirschner: Während der Wechseljahre durchlebt der weibliche Körper ein hormonelles Auf und Ab. Der Vorrat an Eizellen, die bei den Frauen endlich sind, also nicht nachgebildet werden können, geht dem Ende zu. Dies geht mit zunehmend seltener stattfindenden Eisprüngen sowie hormonellen Veränderungen einher: die Produktion der weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron lässt nach und versiegt allmählich. Diese Lebensphase der Zyklus- und hormonellen Veränderungen bezeichnet man auch als Perimenopause. Anfangs ist die Perimenopause meist durch leichte Veränderungen von Periodenrhythmus, -dauer oder auch -stärke gekennzeichnet. Mit zunehmender Erschöpfung des Eizellvorrats treten dann gegen Ende der Perimenopause immer längere Phasen eines ausbleibenden Menstruationszyklus auf, bis Frau ihre letzte Regelblutung hat. Die hormonellen Veränderungen des Eierstocks, insbesondere der zunehmende Östrogenmangel, sind wiederum häufige Ursache für wechseljahresbedingte Beschwerden.
In welche Phasen werden die Wechseljahre unterteilt?
Dr. Freerksen-Kirschner: Die Lebensphasen einer Frau ab dem Eintritt der ersten Periodenblutung teilen Medizinerinnen und Mediziner grob in drei Stadien ein, die fließend ineinander übergehen: die Fortpflanzungs- oder auch reproduktive Phase, die Perimenopause und die Postmenopause. Die Perimenopause ist gekennzeichnet durch eine zunehmend nachlassende Eizellreserve, deren Folgeerscheinungen auf den Zyklus und Hormonhaushalt und streckt sich bis kurze Zeit nach der letzten Menstruationsblutung. Der Zeitpunkt dieser letzten, vom Eierstock gesteuerten Menstruation wird als Menopause bezeichnet und markiert den Eintritt in die Lebensphase der sogenannten Postmenopause. Wann die Perimenopause beginnt und wie lange sie dauert, ist individuell unterschiedlich. Durchschnittlich tritt die Menopause zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr ein. Damit verbringen viele Frauen über 30 Prozent ihres gesamten Lebens in der Postmenopause.
Wie viele Frauen sind von wechseljahresbedingten Beschwerden betroffen?
Dr. Freerksen-Kirschner: Rund 450.000 Frauen treten in Deutschland derzeit pro Jahr in die Postmenopause ein, mehr als 60 Prozent leiden dabei unter wechseljahresbedingten Beschwerden. Die durchlebten Veränderungen sind dabei keineswegs statisch. Sie können sich individuell ganz unterschiedlich auf den weiblichen Körper auswirken, wobei die Beschwerden zudem in Häufigkeit und Intensität variieren können.
Welche Symptome und körperlichen Veränderungen können auftreten?
Dr. Freerksen-Kirschner: Viele Frauen haben mit Hitzewallungen, Schweißausbrüchen oder Schlafstörungen zu kämpfen und klagen über einen körperlichen oder auch psychischen Leistungsabfall. Dazu können zum Beispiel auch Konzentrationsschwierigkeiten, Stimmungsschwankungen, Gelenkschmerzen oder Kopfschmerzen auftreten – die Bandbreite an erlebten Symptomen ist groß. Neben diesen möglichen Symptomen bringt die hormonelle Umstellung häufig auch psychische oder soziale Herausforderungen mit sich, die jede Frau anders erlebt. Mögliche Langzeitfolgen des Wegfalls der Östrogenproduktion sind zum Beispiel eine Verringerung der Knochendichte, die zu einem erhöhten Osteoporoserisiko beiträgt. Bei dieser Erkrankung verlieren die Knochen an Dichte und werden anfälliger für Brüche. Auch kann der Östrogenmangel eine zunehmende Versteifung der Gefäßwände bewirken, was im weiteren Verlauf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt. Zur Vorbeugung ist eine herzgesunde Lebensweise mit regelmäßiger Bewegung und eine ausgewogene Ernährung empfehlenswert.
Was können Frauen bei Beschwerden tun?
Dr. Freerksen-Kirschner: Es gibt verschiedene Ansätze nicht-hormoneller oder hormoneller Art, um Wechseljahresbeschwerden zu lindern. Beispielsweise können sich ein angepasster Lebensstil, eine kognitive Verhaltenstherapie oder pflanzliche Präparate positiv auf die neue Lebensphase auswirken. Je nach Ausprägung der empfundenen Beeinträchtigungen durch die Beschwerden kann allerdings auch eine hormonelle Behandlung erforderlich werden. Entscheiden sich Betroffene in Absprache mit der Gynäkologin oder dem Gynäkologen für eine solche hormonelle Therapie, erfolgt eine Behandlung mit individuell abgestimmten Hormonpräparaten.
Sind die Wechseljahre ein Anreiz, sich und den Körper besser kennenzulernen?
Dr. Freerksen-Kirschner: Die Wechseljahre fallen in eine Lebensphase, in der das Älterwerden spürbar wird und viele Umbrüche stattfinden. Mein Rat an Frauen in den Wechseljahren ist daher, offen mit der Frauenärztin oder dem Frauenarzt über die Beschwerden zu sprechen. Wichtig ist auch, aufmerksam zu sein, sowohl physisch als auch psychisch auf sich selbst zu achten, und sich umfassend zu informieren. Das Wissen kann dabei helfen, den eigenen Körper besser zu verstehen! Versuchen Sie, das neue Körpergefühl zu akzeptieren und denken Sie immer daran, dass man Ihnen bei belastenden Beschwerden selbstverständlich helfen kann. „Augen zu und durch“ muss nicht sein!
Die Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin an der Uniklinik RWTH Aachen berät Frauen, die sich entweder eine (zweite) Meinung zu wechseljahresverdächtigen Beschwerden einholen möchten oder aufgrund von zusätzlichen Erkrankungen ein erhöhtes Risiko für eine Hormonersatztherapie aufweisen. Bei Verdacht auf vorzeitige Wechseljahre (vor dem vollendeten 40. Lebensjahr) berät die Klinik betroffene Patientinnen und setzt spezielle diagnostische Verfahren zur Ursachenabklärung ein. Auch Frauen, die durch eine medizinische Behandlung, beispielsweise im Rahmen einer Krebserkrankung, vorzeitig in die Wechseljahre gekommen sind, erhalten vor Ort Hilfe und werden hormonell eingestellt.
Die Kontaktdaten zu den unterschiedlichen Sprechstunden finden Sie auf der Website der Klinik: www.gynaekologie.ukaachen.de.