Von der Stirne heiß …

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Bei jeder Bewegung verbrennt unser Körper Energie und erzeugt damit Wärme. Zu viel davon und wir bekommen ein ernsthaftes Problem. Steigt unsere optimale „Arbeits­temperatur“ auf über 42 Grad, kann dies sogar tödliche Folgen haben.

Damit es nicht so weit kommt, leiten wir die Wärme ab. Die Gefäße weiten sich und die Durchblutung der Haut nimmt zu. Unsere Hände und Füße werden warm, der Kopf rot. Da das alleine nicht ausreicht, schwitzen wir. Auf unserer Haut bilden sich feine Tröpfchen, die verdunsten und unseren Körper herunterkühlen. Zwei bis vier Millionen Schweißdrüsen produzieren zu diesem Zweck, je nach Außentemperatur, täglich zwischen ein und zwei Liter Schweiß. Bei körperlicher Arbeit oder Sport kann sich diese Menge vervielfachen. Große Menschen schwitzen mehr als kleinere, Sportler schneller und effektiver als Nichtsportler, Männer – gegen die landläufige Meinung – genauso viel wie Frauen.

Doch unser Schweiß kann noch mehr. Neben der Kühlfunktion befördert er freie Radikale, Giftstoffe und Talg durch die Poren an die Hautoberfläche. Blei, Ammoniak, Säure oder Harnstoff verlassen so unseren Körper, der Organismus kommt wieder ins Gleichgewicht, unsere Haut wird gereinigt und vor Infektionen geschützt. Endorphine, die körpereigenen Glückshormone, werden gelöst und heben die Laune.

Schweiß riecht nicht

Frischer Schweiß besteht zu 99 Prozent aus Wasser und Salz und ist dabei zunächst geruchslos. Allerdings scheiden manche Drüsen, zum Beispiel unter den Achseln, auch Fette, Proteine und Aminosäuren aus, was für die auf der Haut lebenden Bakterien eine äußerst attraktive Mischung darstellt. Ihre Abbauprodukte verursachen diesen unangenehmen Schweißgeruch, dem die meisten Menschen mit ausreichender Körperhygiene, luftiger Baumwollkleidung und einem Deo Herr werden können.

Wenn Schweiß unkontrolliert fließt

Anders ist es bei Menschen, die weitaus mehr schwitzen, als es für die Wärmeregulierung nötig wäre. Der Schweiß läuft bei ihnen unabhängig von Temperatur oder körperlicher Anstrengung meist anfallsartig, unvorhersehbar und häufig an der gleichen Körperstelle. Ärzte sprechen in diesem Fall von Hyperhi­drose – von krankhaftem Schwitzen.

Schwitzen kann auf eine Grunderkrankung hindeuten

Grundsätzlich unterscheiden sie dabei die primäre von der sekundären Hyperhidrose. Während bei der primären Form das Schwitzen keine Erkrankung als Ursache hat, sondern auf überstimulierte Schweißdrüsen oder übermäßige Anspannung hindeutet, ist das Schwitzen bei der sekundären Hyperhidrose das Symptom von körperlichen Beschwerden. Neben Übergewicht, einer Schilddrüsenüberfunktion, Diabetes und hormonellen Erkrankungen können auch bösartige Tumore oder psychische Probleme zugrunde liegen.

Zwei bis drei Prozent der Deutschen leiden offiziell unter Hyperhidrose – und zwar in allen Altersschichten, wobei die Dunkelziffer aufgrund der Tabuisierung des Themas deutlich höher liegt. Dabei lohnt sich der Gang zum Arzt, denn Hyperhidrose lässt sich gut und vielfältig behandeln.

Vielfältige Behandlungsmöglichkeiten

Tritt das übermäßige Schwitzen nur lokal auf (Handflächen, Fußsohlen), wenden Ärzte häufig die sogenannte Iontophorese oder Gleichstrombehandlung an. Sind hingegen die Achseln betroffen, empfehlen viele Mediziner eine Behandlung mit dem Nervengift Botulinumtoxin, besser bekannt als Botox. Das Gift hemmt die Impulsübertragung an den Nervenfasern der Schweißdrü­sen, sodass der Schweißfluss deutlich reduziert wird.

Reicht das nicht aus, können die Schweißdrüsen operativ mittels Laser oder neuerdings mithilfe von Mikrowellen entfernt bzw. zerstört werden. In manchen Fällen können auch Medikamente wie die sogenannten Anticholinergika zum Einsatz kommen.

Oft hilft aber bereits ein Deo, das Aluminiumsalze enthält. Zwar sind diese in Verruf geraten, weil sie angeblich Erkrankungen wie Alzheimer oder Brustkrebs auslösen können, doch es gibt bis heute keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür. Allerdings können sich Aluminiumsalze aus den Deodorants im Körper nachweislich anreichern. Wer sich unsicher fühlt, für den gibt es Alternativen mit anderen Salzlösungen.

Manchen Betroffenen kann es aber schon helfen, zur Ruhe zu kommen – etwa mit Entspannungsübungen, autogenem Training oder einem Yoga-Kurs. Andere sollten regelmäßige Wechselduschen oder eine Kur mit Salbeitee versuchen, um die Beschwerden zu lindern. Empfehlenswert ist auch, die Achselhaare zu rasieren und Kaffee sowie scharfe Speisen zu meiden.

Schwitzen ist in

Vielleicht sollte man dem eigenen Schweißfluss aber auch mit mehr Gelassenheit entgegentreten, denn längst ist Schwitzen nicht mehr unfein, sondern chic. Was jahrhundertelang als Beleg für Armut und die Zugehörigkeit zu den unteren Schichten angesehen wurde, ist heute weitgehend salonfähig. Ein verschwitztes Selfie nach dem Joggen und in den sozialen Netzwerken fliegen alle Like-Daumen hoch. Selbst Supermodel, Rennfahrer oder Bundesjustizminister lassen sich mit verschwitztem Antlitz ablichten – zeugt der Anblick doch von Gesundheit, Dominanz, Leistungsfähigkeit und vielleicht sogar von Sexappeal. Oder wie es ein örtliches Fitnessstudio so schön formulierte: „Ich schwitze nicht, das ist Glitzer!“


Tipps bei starkem Schwitzen

  • Mit antibakterieller Lotion waschen
  • Achselhaar rasieren
  • Deo benutzen (Aluminiumsalze wirken besonders gut, sind aber umstritten. Wer auf Nummer sicher gehen will, nutzt Produkte mit alternativen Salzen)
  • Baumwollkleidung tragen
  • Regelmäßige Entspannungsübungen durchführen
  • Bei einer Hyperhidrose (übermäßiges Schwitzen) sollten Sie einen Arzt kontaktieren!

 

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