Volkskrankheit Rückenschmerzen

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Im weltweiten Ranking der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegen Rückenschmerzen vor rund 291 weiteren Erkrankungen auf dem ersten Platz. Und auch in Deutschland gehören Rückenbeschwerden zu den typischen Volkskrankheiten: Rund zwei Drittel der Bevölkerung leiden innerhalb eines Jahres an Rückenschmerzen, bei rund 15 Prozent treten chronische Schmerzen auf – so eine im März 2021 veröffentlichte Studie des Robert Koch-Instituts (RKI). apropos erklärt, wie die Beschwerden entstehen können, wer der richtige Ansprechpartner ist und warum eine interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Expertinnen und Experten bei Rückenschmerzen besonders wichtig ist.

Die Wirbelsäule schafft für den Menschen die Grundlage von komplexen Bewegungsmustern. Das Zusammenspiel von Kopf- und Halswirbelsäule sowie die Stabilität des gesamten Körpers basieren auf den anatomischen Begebenheiten der Wirbelsäule. Möglich macht dies die Doppel-S-Krümmung der Wirbelsäule – sie ist als Gliederkette beweglich und kann Belastungen abfedern, die durch Bewegungen entstehen. Elementar für die Bewegungsfähigkeit der Wirbelsäule sind insbesondere die 24 freien Wirbel. Zwei Wirbel bilden jeweils mit einer Bandscheibe und den stabilisierenden Bändern ein Bewegungssegment. Ein Segment weist allein keine große Bewegungsfähigkeit auf, erst durch die abgestimmte Verbindung mit den anderen Bewegungssegmenten entsteht die Flexibilität der Wirbelsäule.

Rückenbeschwerden: Herausforderung für Patient und Behandler gleichermaßen
Kommt es zu Schmerzen und Beschwerden im Rücken, lässt sich dies auf eine große Anzahl möglicher Ursachen zurückführen. „Rückenschmerzen können durch eine Vielzahl von Faktoren hervorgerufen werden. Hierbei können einseitige Bewegungsabläufe und Fehlbelastungen eine maßgebliche Rolle spielen. Vor allem sind die Beschwerden nicht immer auf eine gewisse Stelle an der Wirbelsäule zurückzuführen, sondern die Wirbelsäule muss in ihrer Komplexität verstanden werden. Es bedarf viel Erfahrung und ausführliche Gespräche und Untersuchungen, um mit den Patientinnen und Patienten die richtige Strategie zur Behandlung ihrer Beschwerden zu finden“, sagt Priv.-Doz. Dr. med. Christian Blume, Oberarzt in der Klinik für Neurochirurgie an der Uniklinik RWTH Aachen. Da die Wirbelsäule konstant großen Belastungen ausgesetzt ist, sind gezielte und regelmäßige Übungen der Wirbelsäulenmuskulatur die Grundlage zur Behandlung, beziehungsweise Vorbeugung von Rückenbeschwerden.

Grundsätzlich wird zwischen „akuten“ und „chronischen“ Rückenschmerzen unterschieden: Akute Schmerzen treten unvermittelt auf und lassen oft nach einigen Tagen nach. Bei leichten Verspannungsschmerzen können Wärmebehandlungen und gezielte Übungen Abhilfe leisten. Treten die Beschwerden jedoch über einen längeren Zeitraum von mehreren Monaten auf, spricht man von chronischen Rückenschmerzen. Hier liegen im Zweifel schwerwiegendere Ursachen vor, die den Alltag stark einschränken und ernste gesundheitliche Folgen nach sich ziehen können.

Die Suche nach dem richtigen Ansprechpartner
Für Betroffene ist es oft schwer, bei akuten Schmerzen den richtigen Ansprechpartner zu finden, da sie häufig selbst nicht den Auslöser der eigenen Schmerzen ergründen können. Und da die Ursachen von Rückenschmerzen so vielschichtig sind, ist auch das Behandlungsangebot komplex. Die primären Ansprechpartner sind hier Orthopäden und Neurochirurgen. Da sich überdies psychosoziale Belastungen auf den Rücken auswirken können, kommen auch Experten für diese Belange als Ansprechpartner infrage. „Viele Betroffene suchen zuerst ihren Hausarzt auf. Das ist eine sehr gute erste Anlaufstelle. Jedoch ist für die Einleitung einer erfolgreichen Therapie die Behandlung durch Expertinnen und Experten unerlässlich“, sagt Dr. Blume.

Wirbelsäulenzentrum bündelt Wissen
Die Komplexität von Wirbelsäulenerkrankungen legt nahe, diese im Rahmen einer interdisziplinären Zusammenarbeit verschiedener Fachgebiete zu behandeln. Diesen Ansatz verfolgt das Universitäre Wirbelsäulenzentrum an der Uniklinik RWTH Aachen, es ist in seiner Art das einzige in der Region. Geleitet wird das Zentrum gemeinsam von Univ.-Prof. Dr. med. Frank Hildebrand, MHBA, Direktor der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie und Univ.-Prof. Dr. med. Hans Clusmann, Direktor der Klinik für Neurochirurgie. Das Team des Wirbelsäulenzentrums setzt sich aus verschiedenen Oberärzten beider Kliniken zusammen. Die beiden Disziplinen decken dabei die Schwerpunkte „Statik und Schmerz“, „Neurologische Defizite“ sowie „Trauma- und Polytraumaversorgung“ ab.

Zweite Meinung einholen
„Wir bieten Patientinnen und Patienten in enger Kooperation mit den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen eine individuelle interdisziplinäre Betreuung an – wenn möglich konservativ. Dafür haben wir ein umfassendes, abgestuftes Behandlungskonzept von der ersten ambulanten Begegnung über einen möglichen stationären Aufenthalt mit Operation bis zur umfangreichen Nachsorge ausgearbeitet“, erklärt Prof. Clusmann. Der Therapieplan wird in wöchentlichen Wirbelsäulen-Spezialsprechstunden und interdisziplinären Wirbelsäulenkonferenzen in gemeinsamer Beratung festgelegt. Bei Bedarf wird das Wirbelsäulenzentrum auch durch das breite Spektrum anderer universitätsmedizinischer Fachdisziplinen der Uniklinik RWTH Aachen unterstützt. Am Beginn des Behandlungsspektrums steht vor allem die entscheidende Frage, wie ein operativer Eingriff vermieden werden kann. Wenn dieser unumgänglich ist, soll die schonendste und nachhaltig wirksamste Methode ausgewählt werden. Das Zentrum ist zudem Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten, die eine Zweitmeinung über ihre Erkrankung einholen möchten. „Wir glauben, dass der interdisziplinäre Erfahrungsaustausch zwischen unterschiedlichen Fachrichtungen und das Zusammentragen des gesamten Wissens einen wesentlichen Beitrag leisten kann, Patientinnen und Patienten das bestmögliche Behandlungskonzept zu ermöglichen und komplexe Erkrankungen der Wirbelsäule besser zu verstehen“, sagt Prof. Clusmann.

Universitäres Wirbelsäulenzentrum an der Uniklinik RWTH Aachen

Besprechen Sie eine Vorstellung in unserem zertifizierten Wirbelsäulenzentrum zunächst mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer behandelnden Ärztin. Wir organisieren gerne einen Untersuchungs- und Beratungstermin für Sie, um Fragen bezüglich Ihrer medizinischen Probleme zu klären oder Ihnen die Möglichkeit für das Einholen einer Zweitmeinung zu geben.

Kontakt
Sabrina von Cleef
Tel.: 0241 80-85865
E-Mail: wzau@ukaachen.de

Wer die meiste Zeit des Tages im Sitzen verbringt, dem hilft regelmäßige Bewegung, um Rückenschmerzen vorzubeugen. In unserem Video zeigen wir Ihnen drei einfache Übungen,
mit denen Sie sich am Arbeitsplatz fit halten können: https://aproposgesund.de/fit-am-arbeitsplatz-ruecken/  

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