Nach einem Schädel-Hirn-Trauma, Schlaganfall oder einer Operation am Gehirn ist nichts mehr wie vorher. Moderne neurologische Reha-Maßnahmen können helfen, Schritt für Schritt verloren gegangene Fähigkeiten zurückzugewinnen. Wie das funktioniert und welche Therapien das Gehirn wieder „zum Laufen“ bringen, erklärt apropos in diesem Beitrag.
Eine neurologische Rehabilitation wird notwendig bei Erkrankungen oder Verletzungen, die das Nervensystem betreffen. Dazu gehören unter anderem Schlaganfälle, Schädel-Hirn-Traumata, Operationen am Gehirn oder Rückenmark, Gehirntumoren oder chronische Erkrankungen wie Parkinson, Multiple Sklerose oder Amyotrophe Lateralsklerose.
„Die neurologische Reha ist kein starres Schema, sondern ein dynamischer Prozess und bedarf einer engen interdisziplinären Zusammenarbeit“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Chuh-Hyoun Na, Oberärztin der Klinik für Neurochirurgie. „Je nach Mobilität und Selbstständigkeit werden Patientinnen und Patienten von der Akutversorgung bis hin zur beruflichen Rehabilitation -oder im Bedarfsfalle auch bis zur Langzeitpflege- einer geeigneten Rehabilitationsphase zugeordnet.“ Jede Phase bringt neue Therapieziele und Anforderungen mit sich. Dabei kann der Übergang fließend oder auch sprunghaft sein, wenn große Fortschritte erzielt werden.
Priv.-Doz. Dr. Chuh-Hyoun Na leitet die neurochirurgische Poliklinik und das neurochirurgische EMG-Labor an der Uniklinik RWTH Aachen. Wissenschaftlich befasst sie sich mit Untersuchungen insbesondere von Patienten mit intracerebralen Tumoren sowie Hydrocephalus (einer krankhaften Ansammlung von Liquor im Schädel) unter Anwendung bildgebender Verfahren wie der Magnetresonanztomographie.
Therapien, die das Gehirn aktivieren
Die neurologische Rehabilitation ist Teamarbeit. Ein interdisziplinäres Netzwerk aus Ärztinnen und Ärzten, Therapeutinnen und Therapeuten, Pflegefachkräften sowie Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern begleitet die Patientinnen und Patienten auf ihrem Weg zurück in ein möglichst selbstständiges Leben. Je nach individueller Einschränkung kommen unterschiedliche Therapieformen zum Einsatz:
- Physiotherapie hilft dabei, Beweglichkeit, Muskelkraft und Gleichgewicht zu verbessern. Durch gezielte Übungen lernen Betroffene, wieder sicher zu stehen, zu gehen oder alltägliche Bewegungsabläufe auszuführen.
- Ergotherapie trainiert praktische Fähigkeiten für den Alltag, wie das Greifen von Gegenständen, das Anziehen oder das Schreiben. Auch berufsspezifische Fertigkeiten können wiedererlernt werden.
- Logopädie unterstützt Menschen mit Sprach-, Sprech- oder Schluckstörungen. Nach einem Schlaganfall oder einer Operation am Gehirn kann die Kommunikation stark beeinträchtigt sein. Hier helfen individuelle Übungen, die Sprache und das Schlucken zu verbessern.
- Neuropsychologie fördert geistige Fähigkeiten wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Konzentration und Problemlösung. Dabei kommen auch computergestützte Trainingsprogramme zum Einsatz, die gezielt bestimmte Hirnfunktionen aktivieren.
- Psychologische Betreuung begleitet die Patientinnen und Patienten emotional, da der Umgang mit einer neurologischen Erkrankung oft belastend sein kann. Gespräche und therapeutische Angebote helfen, Ängste und Sorgen zu bewältigen.
- Der Sozialdienst berät zu Fragen der Pflege, beruflichen Wiedereingliederung und sozialen Absicherung. Er unterstützt bei Anträgen, organisiert Hilfsmittel und hilft bei der Planung der weiteren Versorgung.
Besonders wichtig sind regelmäßige Wiederholungen. Das Gehirn lernt durch Übung, oft unterstützt durch moderne robotergestützte Geräte oder computergestützte Trainingsprogramme. „Nicht jede neurologische Erkrankung ist heilbar. Aber jede Reha kann zu einer Verbesserung der Lebensqualität beitragen.“ betont Dr. Na.
Für die neurologische Rehabilitation existiert gemäß der Bundesarbeitsgemeinschaft Rehabilitation (BAR) ein Phasenkonzept, in welches Patientinnen und Patienten in der Regel mittels Bewertungsindizien eingeordnet werden. Da der Heilungsverlauf individuell ist, verläuft er nicht immer starr von Phase A bis F. Bei großen Fortschritten können Phasen übersprungen werden oder entfallen.
- Phase A: Akutbehandlung
In dieser Phase erfolgt die unmittelbare medizinische Erstversorgung nach Eintritt der neurologischen Erkrankung oder Verletzung. Die Behandlung findet in einer Akutklinik statt und konzentriert sich auf die Stabilisierung des Gesundheitszustands sowie die Einleitung notwendiger diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen. - Phase B: Frührehabilitation mit intensivmedizinischer Betreuung
In diesem Stadium befinden sich die Patientinnen und Patienten meist noch in einem kritischen Gesundheitszustand. Sie sind in der Regel bettlägerig und nicht selbstständig mobilisierbar. Die medizinische Versorgung erfolgt unter intensivmedizinischer Aufsicht, während erste rehabilitative Maßnahmen eingeleitet werden, um die körperlichen Funktionen zu stabilisieren und eine Mobilisierung vorzubereiten. - Phase C: Weiterführende Rehabilitation
Die Behandelten benötigen nicht mehr so viel Unterstützung wie in Phase B, sind teilmobilisiert und fähig, aktiv an verschiedenen Therapieeinheiten teilzunehmen. - Phase D: Anschlussrehabilitation
Die Betroffenen erledigen grundlegende Alltagstätigkeiten wie Körperpflege, Essen und Ankleiden bereits selbstständig und sind in der Lage, ihren Alltag größtenteils eigenständig zu bewältigen. Hier richten sich die Rehabilitationsziele nach den Maßgaben der Deutschen Rentenversicherung. Ziele sind eine Minderung bestehender funktioneller Einschränkungen. Die rein medizinische Rehabilitation endet mit der Phase D.









