Chlamydien, Tripper, Syphilis – gehört haben von diesen Krankheiten wohl schon die meisten. Was sich genau dahinter verbirgt, darüber schweigt man aber gerne. Wenn man es denn überhaupt weiß. Leider sind sexuell übertragbare Infektionskrankheiten (STI) in unserer Gesellschaft ein Tabuthema. Falsche Scham und die Angst vor Stigmatisierung führen dazu, dass viele Menschen sich nicht ausreichend informieren und Betroffene oft zu spät zum Arzt gehen. Das kann fatale Folgen haben: Verzögert sich die Behandlung oder bleibt sie komplett aus, können mitunter schwerwiegende Komplikationen oder Spätfolgen in unterschiedlichster Ausprägung auftreten.
Sexuell übertragbare Infektionen werden kurz als STI (für den englischen Begriff Sexually Transmitted Infections) oder STD (Sexually Transmitted Deseases) bezeichnet. Im Volksmund ist auch der Ausdruck „Geschlechtskrankheiten“ gängig. Dieser ist allerdings etwas ungenau, da nicht nur die Geschlechtsorgane von STI betroffen sind. Die sexuell übertragbare Hepatitis-B-Infektion beispielsweise ist eine Lebererkrankung und das HI-Virus (HIV) kann zu einer Schwäche des Immunsystems, bekannt als AIDS, führen.
STI: Was muss ich wissen?
Wie der Name bereits verrät, kann man sich hauptsächlich beim Geschlechtsverkehr mit sexuell übertragbaren Infektionen anstecken. Sie sind Infektionskrankheiten wie andere auch und kommen nicht so selten vor, wie manch einer glaubt.
Verursacht werden können sexuell übertragbare Infektionen von Bakterien, Viren, Pilzen, Einzellern (Protozoen) oder Gliederfüßlern (Arthropoden). Dazu zählen zum Beispiel:
- Bakterien: Chlamydien, Syphilis, Gonorrhoe (Tripper)
- Viren: HIV, HPV, Hepatitis A und B, Herpes
- Pilze: vaginale Pilzinfektion (Hefepilze)
- Einzeller: Trichomoniasis
- Gliederfüßler: Milben, Filzläuse
Die am weitesten verbreiteten STI sind HPV-Infektionen, die Chlamydien-Infektion, die Gonorrhoe, Herpes, AIDS und die Syphilis.
Symptome von STI: Warnzeichen ernst nehmen
So vielfältig wie die Erreger, so unterschiedlich können auch die Anzeichen einer sexuell übertragbaren Infektion sein. „Typische Symptome einer STI sind Krankheitszeichen an den Geschlechtsorganen wie ein unangenehm riechender, ungewöhnlicher Ausfluss aus Vagina, Penis oder Anus“, erklärt Univ.-Prof. Dr. med. Amir Yazdi, Direktor der Klinik für Dermatologie und Allergologie – Hautklinik an der Uniklinik RWTH Aachen. „Warnzeichen können auch Schmerzen oder Brennen beim Wasserlassen, Veränderungen und Jucken der Haut und Schleimhaut oder, was Frauen betrifft, Unterleibsschmerzen und Blutungsstörungen sein.“ Außerdem sollten allgemeine Krankheitszeichen wie ständige Müdigkeit, Fieber, Appetitlosigkeit und Halsschmerzen Betroffene aufmerksam werden lassen.
„Leider“, weiß der Experte auch, „bestehen aber oft gar keine oder nur sehr geringe Krankheitsanzeichen. Eine Chlamydien-Infektion zum Beispiel verläuft meist ohne oder nur mit leichten Symptomen.“ Viele sexuell übertragbare Infektionen werden daher einfach nicht entdeckt. Umso wichtiger ist es, bei jeglichem Verdacht eine Ärztin oder einen Arzt aufzusuchen. „Eine sexuell übertragbare Infektion ist kein Grund, sich zu schämen, und darf kein Tabuthema sein“, appelliert Prof. Yazdi. „Im Anfangsstadium sind die meisten Infektionskrankheiten mit guter Aussicht auf Erfolg beherrschbar. Ärzte können zwar nicht alle Erkrankungen heilen, wir können sie aber in der Regel zumindest zum Erliegen bringen.“ Wer frühzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch nimmt, minimiert das Risiko von Komplikationen oder Spätfolgen. So wird vermieden, dass sich Erreger im ganzen Körper ausbreiten und weitere Organe befallen.
Wie kann ich mich vor sexuell übertragbaren Infektionen schützen?
Für viele ist Sex die schönste Nebensache der Welt. Die Angst vor den unerwünschten Folgen einer sexuell übertragbaren Infektion muss das Liebesspiel dabei nicht trüben. Wer informiert ist und sich schützt, kann seine eigene Sexualität genießen. „Jeder einzelne kann das Risiko, sich mit einer sexuell übertragbaren Infektion anzustecken, maßgeblich durch das Ergreifen von Schutzmaßnahmen senken, zum Beispiel durch die Verwendung eines Kondoms“, so Prof. Yazdi. „Dabei nehmen Sie nicht nur Rücksicht auf Ihre eigene Gesundheit, sondern auch auf die anderer Menschen.“
Safer Sex ist hier das Stichwort: Der Begriff beschreibt verschiedene Verhaltensweisen und Vorsichtsmaßnahmen, mit denen das Ansteckungsrisiko deutlich reduziert wird. Man verhält sich so, dass keine Körperflüssigkeiten in den Körper des anderen gelangen. Ganz gleich ist dabei, ob es sich um Vaginal-, Oral- oder Analverkehr handelt: Safer Sex ist immer wichtig.
Nicht zu vergessen sind Impfungen: Ein umfassender Impfschutz gehört zu den wirksamsten und wichtigsten vorbeugenden Maßnahmen der Medizin. Durch Impfungen treten übertragbare Infektionskrankheiten seltener auf und schwere Krankheitsverläufe können verhindert werden. Sie vermeiden zum einen, dass die geimpfte Person erkrankt, zum anderen kann die geimpfte Person die Krankheit auch nicht weiterverbreiten. Auch gegen einige STI kann man sich impfen lassen. Schutz gibt es vor den häufigsten Typen der Humanen Papillomviren (HPV) sowie den Erregern von Hepatitis A und B. Bei der HPV-Impfung ist der Nutzen am größten, wenn er in jungen Jahren, sowohl bei Mädchen als auch Jungen, vor dem ersten Sexualverkehr erfolgt. Sie schützt nicht nur vor genitalen Warzen, sondern vor allem vor HPV-bedingtem Gebärmutterhalskrebs.
Infiziert – und jetzt?
Selbst beim Safer Sex besteht immer ein Restrisiko, sich mit einer sexuell übertragbaren Infektion anzustecken. Bei wem mögliche Anzeichen einer STI auftreten, sollte diese also ernst nehmen und sie bei einer Ärztin oder einem Arzt abklären lassen. Zuständig für STI-Tests und für die Behandlung von STI sind Gynäkologen oder Urologen, aber auch Dermatologen. So ist zum Beispiel die Klinik für Dermatologie und Allergologie – Hautklinik an der Uniklinik RWTH Aachen eine Anlaufstelle für Betroffene in der Region. Der Experte betont, dass auch Partner mit in die Behandlung eingebunden werden müssen. „Bei einigen Infektionskrankheiten sollte der Partner mitbehandelt werden, damit es nicht zu einer erneuten Infektion kommen kann“, erklärt Prof. Yazdi. Betroffene sollten außerdem frühere Partner über die Wahrscheinlichkeit einer zurückliegenden Infektion informieren.
Auch Gesundheitsämter bieten oftmals STI-Beratungsstellen an. Die Beratung ist kostenlos und meist vertraulich und anonym.
Um einer weiteren Ausbreitung von sexuell übertragbaren Infektionen entgegenzuwirken, plädiert der Fachmann für eine vorurteilsfreie und nicht stigmatisierende Information zu Sexualität und STI. Das wirkt nicht nur präventiv, sondern kommt auch bereits Infizierten zugute. Wenn Betroffene offen über ihre Symptome reden, können Krankheiten früh erkannt und behandelt werden.
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