Atmen bedeutet Leben. Luftholen ist alltäglicher Vorgang, das weiß jeder. Aber wie funktioniert es und wie sieht eigentlich eine Lunge von innen aus? Wenn man dem Pneumologen Kai-Michael Beeh und seinem „Reiseführer“ durch unsere Atmung Glauben schenken darf: überraschend schön, geradezu ästhetisch. Wie ein zartgliedrig verästelter Baum, der auf den Kopf gestellt wurde, spannt sich der menschliche Atemtrakt zweigleisig von der Luftröhre über den Hauptbronchus in der Brustmitte zum Bronchialsystem bis hin zu den feinen Lungenbläschen und sorgt so für den lebensnotwendigen Gasaustausch und eine permanente Sauerstoffsättigung im Blut.
Aber die Lunge, so schildert der Internist und Lungenfacharzt Beeh ebenso anschaulich wie kurzweilig, kann noch viel mehr. Nicht ohne Grund ist in vielen Kulturen die Vorstellung verbreitet, dass der Atem als Sitz der Lebenskraft gilt oder sogar mit dem identisch sei, was Menschen bisweilen als „Seele“ bezeichnen. Was ist ein Atemzug und wo geht er hin?
Einfach tief durchatmen – hinter dieser Selbstverständlichkeit verbirgt sich ein komplexes Wunderwerk der Natur, das sich jeden Tag rund 20.000 Mal wiederholt. Damit die Lunge kann, was sie tut, bedarf es einer ausgeklügelten Reifung des Organs im Mutterleib, die vergleichsweise spät einsetzt. Im Zusammenspiel mit dem Kehlkopf, der sie wie ein Kehldeckel schützt, verfügt die Lunge sogar über einen ausgeklügelten Selbstreinigungsmechanismus, der feuchte Luft bevorzugt, mit Klimaanlagen aber seine ständigen Probleme hat.
Wir sollten uns, so Beeh, intensiver mit unserer Lunge beschäftigen. Denn: So filigran unsere Atmung auch konzipiert ist, sie ist entsprechend fragil: Rauchen, Feinstaub und globale Erwärmung sowie Alterung setzen ihr fortwährend zu. Infekte, Entzündungen, Tuberkulose, Asthma, COPD und Lungenkrebs sind die Achillesfersen unser Atmung. Wer ihnen nicht begegnen möchte, sollte ein paar wichtige Tipps beherzigen.
Sie sollten sich grundsätzlich keinen Reizstoffen aussetzen, die auf die Lunge wirken. Vor allem Bewegung, so Beeh, sei der Schlüssel für Lungengesundheit: Der Durchschnittsdeutsche sitzt 7,5 Stunden am Tag. Das tut auch unserem Atmungsorgan nicht besonders gut. Nicht nur Muskeln und Gelenke wollen bewegt werden, auch die Lunge leidet massiv unter körperlicher Inaktivität. Tiefe Atmung bei körperlicher Aktivität belüftet Bereiche der Lunge, die bei flacher Atmung in Ruhe kaum genutzt werden – das Organ wird dann, und nur dann, richtig belüftet, so der Fachmann. Außerdem gilt: Unser Atem ist ein Gradmesser für Stress: Je gestresster wir sind, umso oberflächlicher atmen wir. Atemtechniken sind umgekehrt ein zentraler Bestandteil von Entspannungstechniken. Durch verschiedene Atemtechniken lassen sich Lunge und Atemwege also trainieren und die Körperwahrnehmung gezielt schulen.
Mitreißend und voller Begeisterung für sein Thema vermittelt der Lungenspezialist Kai-Michael Beeh so unterhaltsam wie humorvoll alles Wissenswerte über die Lunge, ihre erstaunlichen Fähigkeiten und darüber, wie wir sie jung und gesund erhalten können.