Wirbelsäulenerkrankungen: Stabilität und Bewegung erhalten

Man with healthy back on light background. Spine pain prevention
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Ob beim Tragen schwerer Einkaufstaschen, beim Bücken nach dem heruntergefallenen Schlüssel oder beim aufrechten Sitzen am Schreibtisch: Unsere Wirbelsäule begleitet und stabilisiert jede Bewegung des Körpers. Sie bildet die zentrale Achse des Skeletts und schützt das Rückenmark– die zentrale Leitungsbahn zwischen Gehirn und peripherem Nervensystem. Die charakteristische S-Form mit ihren 34 Wirbeln in fünf Abschnitten wird durch Muskeln, Bänder und Bandscheiben stabilisiert. Letztere wirken wie biologische Stoßdämpfer, die Belastungen aufnehmen und auf mehrere Ebenen verteilen. Obwohl die Wirbelsäule über eine hohe funktionelle Belastbarkeit verfügt, kann sie wie jeder Teil unseres Körpers etwa durch Alterung, Abnutzungserscheinungen oder Fehlhaltungen erkranken. Trotzdem ist sie ein leistungsfähiges anatomisches und funktionelles System, das uns über Jahrzehnte stabil trägt und schützt.

Bandscheibenvorfall
Rückenschmerzen gehören zu den häufigsten Gründen für einen Arztbesuch – etwa jeder Zweite ist davon im Laufe seines Lebens betroffen. Nicht selten ist die Diagnose ein Bandscheibenvorfall. Diese elastischen Knorpelpolster sitzen zwischen den einzelnen Wirbeln und machen etwa ein Viertel der Gesamtlänge unserer Wirbelsäule aus. Ein äußerer Faserring sorgt für Stabilität, während ein weicher Gallertkern Bewegungen abfedert und Stöße dämpft. Mit zunehmendem Alter verliert die weiche Masse im Inneren der Bandscheibe jedoch an Wasser. Dieser natürliche Verschleißprozess sorgt dafür, dass sie flacher und weniger elastisch wird.

Kommt es zu einer Schwachstelle im Faserring, kann der Gallertkern in Richtung Rückenmark austreten und sich vorwölben. Diese Vorwölbung – der sogenannte „Vorfall“ – kann auf umliegende Nerven sowie das Rückenmark drücken und starke Schmerzen verursachen. Auch ruckartige Bewegungen oder Fehlbelastungen können einen solchen Vorfall auslösen.

Die Behandlung erfolgt in den meisten Fällen zunächst konservativ, also ohne Operation. Schmerzmittel, Physiotherapie und gezielte Bewegung stehen im Vordergrund. Nur bei schweren oder langanhaltenden Beschwerden wird operiert. Die Operation verläuft heute vorwiegend minimalinvasiv und endoskopisch über einen kleinen Schnitt im Rücken. Dabei wird das ausgetretene Gewebe entfernt. Je nach Ausmaß kann die Bandscheibe erhalten bleiben oder durch eine künstliche ersetzt werden.

Spinalkanalstenose und Gleitwirbel
Bei einer Spinalkanalstenose liegt eine Verengung des Rückenmarkkanals vor. Umgangssprachlich spricht man oft von einem „eingeklemmten Nerv“, da die Einengungsursache Druck auf die dortigen Nervenstrukturen ausübt und Schmerzen verursacht. Eine Spinalkanalstenose kann als Folge eines Bandscheibenvorfalls entstehen, aber auch durch altersbedingten Verschleiß der Wirbelsäule, etwa infolge jahrelanger körperlicher Arbeit.

Mit zunehmendem Alter verlieren die Bandscheiben an Elastizität und werden flacher. Gleichzeitig lockern sich die Bänder, die das Rückgrat stabilisieren. Infolge dieser Veränderungen kann es zu sogenannten Gleitwirbeln kommen. Die lockeren Bänder erlauben eine leichte Verschiebung einzelner Wirbelkörper, was die Einengung des Rückenmarks auslösen kann. Auch altersbedingte Verdickungen der Bänder und Knochenwucherungen können diesen Druckschmerz auslösen.

Eine Behandlung beginnt in der Regel konservativ mit Physiotherapie und gezielten Schmerzmitteln. Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, kann ein operativer Eingriff Abhilfe schaffen. Dabei wird der Druck im Spinalkanal durch eine chirurgische Dekompression reduziert: Das wuchernde Gewebe wird minimalinvasiv entfernt, um die Nerven zu entlasten. Liegt zusätzlich eine Instabilität der Wirbelsäule durch Gleitwirbel vor, wird eine sogenannte Spondylodese durchgeführt. Dabei werden die betroffenen Partien mit Schrauben und Platten fixiert, um die Wirbelsäule zu stabilisieren.

Wirbelsäulentumoren
Gewebewucherungen im Bereich der Wirbel oder des Rückenmarkkanals können sowohl gutartig als auch bösartig sein und werden je nach Lage und Ursprung unterschieden. Zu den gutartigen Tumoren zählen die Meningeome, die meist langsam wachsen und lange Zeit keine Beschwerden verursachen. Ependymome hingegen machen bis zu 60 Prozent aller spinalen Tumoren aus und entstehen aus Ependymzellen, die die Innenwand des Rückenmarkkanals auskleiden. Diese Tumorart kann streuen und ist daher potenziell bösartig.

Unabhängig von ihrer Art engen beide Tumorformen durch ihr Wachstum den Rückenmarkskanal ein und üben Druck auf Nerven und Rückenmark aus. Die Symptome hängen stark von der Lage des Tumors ab: Sie reichen von motorischen Ausfällen in den Beinen bis hin zu Störungen der Blasen- und Darmfunktion. Am häufigsten finden sich Tumore in der Region der Brustwirbelsäule.

Die Behandlung erfolgt in der Regel durch einen kleinen Zugang im Rücken, wodurch das Tumorgewebe entfernt wird. Nervenstrukturen sollen dabei entlastet und die wichtige Funktion des Rückenmarks erhalten werden. Je nach Ausdehnung und Art des Tumors kann eine zusätzliche Stabilisierung der Wirbelsäule notwendig sein.

Wirbelsäulenzentrum

Wenn der Rücken schmerzt, ist eine individuell angepasste Behandlung entscheidend. Im Wirbelsäulenzentrum der Uniklinik RWTH Aachen arbeiten Expertinnen und Experten aus der Klinik für Neurochirurgie und der Klinik für Orthopädie, Unfall- und Wiederherstellungschirurgie eng zusammen. Im Mittelpunkt steht für die Ärztinnen und Ärzte immer die Frage, ob sich ein Eingriff vermeiden lässt, denn nicht jede Diagnose muss zwangsläufig mit einer Operation enden. Ist eine nicht-invasive Therapie nicht möglich, bestimmt das Team des Wirbelsäulenzentrums den schonendsten und nachhaltig wirksamsten Eingriff für die Patientinnen und Patienten.

Auch für Zweitmeinungen, etwa bei komplexen Wirbelsäulenerkrankungen oder bevorstehender Operation steht Ihnen das Zentrum zur Seite. In gemeinsamen Fallbesprechungen wird sorgfältig abgewogen, welcher Weg der Beste ist.

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