Zeit ist Hirn

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Jeder Schlaganfall ist ein Notfall. Menschen, die einen Schlaganfall erleiden, haben oftmals mit schweren Folgeschäden zu tun – wenn sie ihn denn überleben. Von den über 200.000 Betroffenen in Deutschland stirbt rund jeder Dritte innerhalb des ersten Jahres nach dem Schlaganfall; etwa 70 Prozent der Überlebenden haben langfristig mit den Folgen zu kämpfen. Zudem können Schlaganfälle Altersepilepsie, Demenz und Depressionen verursachen. Eine Frage liegt also auf der Hand: Wie können wir uns schützen?

Zunächst sei gesagt: Ein Schlaganfall kann jeden treffen. Zwar steigt das Risiko mit zunehmendem Alter – mehr als 80 Prozent der Betroffenen sind über 60 Jahre alt –, doch auch Jüngere, selbst Neugeborene, kann es ereilen. Experten unterscheiden zwischen zwei Typen eines Schlaganfalls: dem ischämischen und dem hämorrhagischen Infarkt. Bei ersterem werden bestimmte Hirnareale nicht ausreichend mit Blut versorgt, zum Beispiel weil ein Blutgerinnsel eine Arterie verstopft. 80 Prozent der Schlaganfälle sind ischämisch. Ein hämorrhagischer Infarkt hingegen wird von einer Blutung im Gehirn ausgelöst, etwa durch ein eingerissenes Gefäß. Das kann zu Schäden an Hirnzellen und lebenswichtigen Zentren führen, zum Beispiel dem Zentrum für die Regulation des Herzschlags. Zudem ist die Durchblutung der Zellen unterbrochen. Das Hirn ist also auch in diesem Fall unterversorgt.

Apropos Schlaganfall
Methode der Wahl bei einem ischämischen Schlaganfall ist die Thrombektomie. Dabei schiebt der Neuroradiologe einen Katheter von der Leiste des Patienten bis ins Gehirn an den Verschluss. Das Blutgerinnsel kann dann mithilfe eines Stents, einem feinen Drahtgeflecht, „eingefangen“ und herausgezogen oder über eine Pumpe abgesaugt werden. An der Aachener Uniklinik kooperieren die Neurologen hierbei eng mit den Neuroradiologen..

Gefahr für Nervenzellen

Da Blut unter anderem Sauerstoff und Nährstoffe transportiert, ist eine reguläre Durchblutung ausschlaggebend für das Funktionieren unseres Hirns. Eine Unterversorgung stört die Funktion der Nervenzellen und kann zu ihrem Absterben führen. „Je nachdem, wie stark und wie lange die Durchblutung beeinträchtigt ist, kann das betroffene Gehirnareal seine Aufgabe entweder vorläufig oder dauerhaft nicht mehr erfüllen“, erklärt Univ.-Prof. Dr. med. Jörg B. Schulz, Direktor der Klinik für Neurologie an der Uniklinik RWTH Aachen. Ein Schlaganfall bringt daher sicht- oder spürbare Folgen mit sich: Betroffene können Probleme beim Sprechen, eine Schwäche der Extremitäten oder Gefühlsstörungen haben und unter Sehstörungen leiden. Wie dramatisch ein Schlaganfall verläuft, hängt von der Dauer der Unterversorgung sowie vom Umfang und der Lage des betroffenen Hirnareals ab.

Warnzeichen ernst nehmen!

Innerhalb kürzester Zeit geht bei einem Schlaganfall eine große Menge an Nervengewebe im Gehirn verloren. Ausgehend von einem Infarktkern wird immer mehr umliegendes Gewebe geschädigt, ein Schlaganfall „wächst“ sozusagen. Daher gilt: Zeit ist Hirn. „Mit jeder Minute, die ungenutzt verstreicht, nimmt das Gehirn zusätzlich Schaden. Wer Symptome bei einem Schlaganfall bei sich oder anderen beobachtet, sollte deswegen auf keinen Fall abwarten, sondern sofort die 112 anrufen“, warnt Prof. Schulz. Nur so können die Ärzte, sobald der Patient in der nahegelegensten Fachklinik eingetroffen ist, schnell reagieren und versuchen, die Folgeschäden so gering wie möglich zu halten. In Aachen stehen an der Uniklinik rund um die Uhr mindestens fünf Spezialisten für die Versorgung von Schlaganfallpatienten bereit. Wer es erst gar nicht zu einem Schlaganfall kommen lassen möchte, sollte einen gesunden Lebensstil führen. Zu den Risikofaktoren für einen Schlaganfall zählen, neben Herzrhythmusstörungen oder Bluthochdruck, nämlich auch Nikotin- und Alkoholmissbrauch oder mangelnde Bewegung. Wer mit dem Rauchen aufhört, mindert das Schlaganfallrisiko innerhalb eines Jahres um 50 Prozent. Doch auch eine familiäre Vorbelastung kann ausschlaggebend sein, weswegen zwar nicht alle, zumindest aber einige Faktoren individuell beeinflusst werden können. In Anbetracht der schwerwiegenden Folgen eines Schlaganfalls ist es also nie zu früh, sich über das eigene Risiko Gedanken zu machen. Denn ist der Schlaganfall aufgetreten, schließt an die akute Therapie im Krankenhaus in der Regel eine Reha an, um die aufgetretenen Störungen und Behinderungen bestmöglich zurückzubilden – ein langer und beschwerlicher Weg, der selten ein gänzlich gesundes Ende nimmt.

Wie erkenne ich einen Schlaganfall?

Wer bei sich oder anderen Personen ein oder mehrere typische Symptome eines Schlaganfalls beobachtet, sollte unmittelbar den Notarzt rufen.
Innerhalb weniger Sekunden lassen sich die wichtigsten dieser Anzeichen mit dem sogenannten FAST-Test überprüfen.
Die Abkürzung steht für Face (Gesicht), Arms (Arme), Speech (Sprache) und Time (Zeit):

Face:
Bitten Sie die Person zu lächeln. Ist das Gesicht einseitig verzogen, deutet das auf eine Halbseitenlähmung hin.

Arms:
Bitten Sie die Person, die Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handflächen nach oben zu drehen. Bei einer Lähmung können nicht beide Arme gehoben werden, sinken oder drehen sich.

Speech:
Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine Sprachstörung vor.

Time:
Bei einem Schlaganfall zählt jede Minute, um Leben zu retten oder bleibende Schäden zu vermeiden. Wählen Sie den Notruf 112. Halten Sie für den Notarzt nützliche Informationen bereit: Wann haben die Symptome begonnen und wie haben sie sich entwickelt? Welche Medikamente nimmt der Patient?

Achtung: Es kann passieren, dass Anzeichen sehr rasch oder zumindest innerhalb von 24 Stunden wieder verschwinden. Alarmieren Sie dennoch den Rettungsdienst.

Bei Anzeichen für einen Schlaganfall keine Zeit verlieren: sofort Notruf 112!

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