Wenn es vor den Augen blitzt, schwarze Punkte oder ein dunkler Schatten wie ein Schleier in das Blickfeld rücken, ist schnelles Handeln gefragt. Denn diese Symptome deuten auf eine mögliche Netzhautablösung hin, die unbehandelt irreparable Schäden nach sich ziehen und innerhalb weniger Tage zu Blindheit führen kann. Wie es dazu kommt, was genau dahintersteckt und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, erklärt Dr. med. Tibor Karl Lohmann, Oberarzt in der Klinik für Augenheilkunde an der Uniklinik RWTH Aachen.
Mit jährlich rund 8.000 Betroffenen in Deutschland, kommt eine Netzhautablösung zwar relativ selten vor, ist dann jedoch ein augenärztlicher Notfall, der eine sofortige Behandlung erfordert, um die drohende Erblindung zu verhindern.
Unterversorgung der Netzhaut
Die Netzhaut (Retina) enthält neben den Sinneszellen auch Nervenzellen und -fasern, die für die Übermittlung der Sehinformationen ins Gehirn zuständig sind. Bei der Netzhautablösung, in der Fachsprache auch Ablatio oder Amotio retinae genannt, hebt sich die Netzhaut vom darunterliegenden Pigmentepithel und der Aderhaut ab. Letztere Schicht ist von vielen kleinen Blutgefäßen durchzogen und versorgt die Retina mit Sauerstoff und Nährstoffen. Kommt es zu einer Ablösung, sammelt sich zwischen den Schichten Flüssigkeit. In der Folge drückt sich die Netzhaut blasenartig in den Augapfel hinein. An der Stelle der Abhebung wird die Netzhaut nicht mehr versorgt. Die Sehzellen sterben innerhalb kürzester Zeit ab und die Sehfähigkeit schwindet.
Hauptursache: Loch- und Rissbildung
Der Netzhautablösung können verschiedene Ursachen und zahlreiche Krankheitsbilder zugrunde liegen. Meist beginnt sie jedoch mit einem kleinen Loch oder Riss in der Netzhaut. Ursächlich hierfür sind vor allem altersbedingte Veränderungen im Glaskörper. „Mit Fortschreiten des Alters schrumpft der Glaskörper des Auges. Da er an einigen Stellen mit der Netzhaut verbunden ist, kann der Glaskörper beim Schrumpfungsprozess an der Netzhaut ziehen und diese sogar einreißen“, erklärt der Augenexperte. Entsteht ein Loch, so kann Flüssigkeit unter die Netzhaut gelangen und sie von der darunterliegenden Schicht ablösen. Man spricht hier von einer Glaskörperabhebung.
Aber auch Erkrankungen wie die diabetische Retinopathie, Entzündungen oder Tumoren der Netzhaut können hinter der Ablatio retinae stecken.
„Die Augenerkrankung tritt gehäuft im mittleren und höheren Lebensalter auf, kann aber auch bereits junge Menschen betreffen, besonders beim Vorliegen einer starken Kurzsichtigkeit oder infolge von Verletzungen des Auges, beispielsweise durch Sportunfälle“, weiß Dr. Lohmann. Auch ist sie bei Männern weiter verbreitet als bei Frauen.
Warnzeichen ernst nehmen
„Da Erkrankungen der Netzhaut schmerzfrei verlaufen, sollten mögliche Anzeichen einer bevorstehenden Netzhautablösung sehr ernst genommen und umgehend ärztlich abgeklärt werden“, appelliert Dr. Lohmann. Betroffene nehmen typischerweise Lichtblitze oder helles Flimmern – primär in der Dunkelheit wahr. „Schwarze Punkte, die einem Schwarm dunkler Mücken oder einem Rußregen ähneln, oder auch das Sehen dunkler ‚Spinnweben‘ sind weitere Warnsignale“, ergänzt der Augenarzt. Treten plötzlich Schatten wie eine Wand im Gesichtsfeld auf, dann deutet das darauf hin, dass sich die Netzhaut im entsprechenden Bereich des Augenhintergrundes bereits gelöst hat.
Laserbehandlung oder Operation
Die Art der Behandlung hängt vor allem vom Ausmaß der Erkrankung ab. Handelt es sich um eine Vorstufe, so können diagnostizierte Risse oder Löcher in der Retina mithilfe eines Lasers oder einer Kältebehandlung therapiert werden. „Dies ist aber nur dann möglich, wenn noch keine Netzhautablösung im Bereich der Löcher vorhanden ist“, stellt Dr. Lohmann klar. Hat sich die Netzhaut bereits gelöst, hilft nur noch ein chirurgischer Eingriff. Hier kommen komplexe chirurgische Verfahren zum Einsatz, um das Netzhautloch von außen oder von innen zu verschließen. „Die Operation können wir heutzutage anatomisch sehr erfolgreich durchführen. Ob und in welchem Ausmaß wir das Sehvermögen erhalten können, hängt von der Dauer und Art der Ablatio retinae ab“, so der Mediziner.