Künstlicher Darmausgang – (un)verzichtbar in der modernen Bauchchirurgie?

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Die Anlage eines künstlichen Darmausganges, auch Stoma oder auch Anus Praeter genannt, ist ein Thema, welches häufig Ängste und Vorbehalte bei Betroffenen auslöst und daher bereits zunehmend seltener in der Bauchchirurgie angewandt wird – und doch ist es auch aus der modernen Viszeralchirurgie nicht in Gänze verschwunden. Unterschieden werden bei Darmeingriffen vorübergehende, sogenannte temporäre Stomata, die sich nach Abheilung von operativ neu angelegten Darmverbindungen, in der Regel einige Monate nach dem Haupteingriff, verhältnismäßig einfach zurückverlegen lassen. Davon zu unterscheiden sind dauerhafte, sogenannte definitive Stomata, die dann zum Einsatz kommen, wenn große Anteile des Magen-Darm-Trakts und häufig auch der Schließmuskel nicht mehr funktionsfähig sind oder fehlen beziehungsweise entfernt werden müssen.

Moderne Behandlungskonzepte

Moderne Behandlungskonzepte in der Viszeralchirurgie ermöglichen heutzutage viel häufiger die Erhaltung des Schließmuskels als Kontinenzorgan und die Vermeidung eines definitiven Stomas, gerade auch für Patientinnen und Patienten die unter Krebserkrankungen des Mastdarmes (zum Beispiel Rektumkarzinom) leiden. Auch größere Tumore in Schließmuskelnähe lassen sich inzwischen mit einer Kombination aus Strahlen- und Chemotherapie verkleinern, bis eine sichere und kontinenzerhaltende Operation (idealerweise nervenschonend und minimalinvasiv) möglich ist. Auch Patientinnen und Patienten, die eine Entfernung des kompletten Dickdarmes benötigen, beispielsweise bei schwerer Colitis ulcerosa oder erblichen Darmerkrankungen, profitieren nachweislich von der Erfahrung des Teams zum Erhalt der Kontinenz und der natürlichen Stuhlpassage, für die differenzierte Rekonstruktionstechniken zur Verfügung stehen.

Spezialsprechstunde für intestinale Rehabilitation

Neben der konventionellen Sprechstunde für die Darmchirurgie bietet die Klinik eine neue Spezialsprechstunde für intestinale Rehabilitation an. Das erfahrene Expertenteam um Priv.-Doz. Dr. med. Martin von Websky berät hier individuell und empathisch insbesondere Patientinnen und Patienten mit komplexen Krankheitsverläufen, ob die Rückverlagerung eines künstlichen Darmausganges sinnvoll und möglich ist und sich die Darmpassage wieder hergestellt lässt. In der Regel kann dies nur nach Evaluierung der medizinischen Vorgeschichte, den Voroperationen, der vorliegenden Anatomie und dem zu erwartenden Operationsrisiko in Kenntnis des ganzen Menschen beantwortet werden. Prinzipiell gilt für den künstlichen Darmausgang: Sollte die Anlage eines Stomas, ob aufgrund von Krebs, entzündlichen Darmerkrankungen, Unfällen oder angeborenen Defekten unvermeidlich sein, kommt es auf die richtige Vorbereitung und Nachsorge an. Genau dabei hilft an der Uniklinik RWTH Aachen das erfahrene Stomateam der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Kinder- und Transplantationschirurgie. Die Aufgaben der Stomatherapeutinnen und -therapeuten liegen in der prä- und postoperativen Betreuung. Sie informieren die Betroffenen vor der Operation über den geplanten Eingriff und die damit verbundenen Veränderungen im Lebensstil, beantworten Fragen und nehmen Ängste. Zudem helfen sie bei der Auswahl geeigneter Produkte zur Wundpflege, stehen bei Fragen zu Hautirritationen zur Verfügung, sind emotionale Stütze oder vermitteln in Einzelfällen auch psychologische Unterstützung oder bei Bedarf den Kontakt zu Selbsthilfegruppen wie dem Selbsthilfeverband von Menschen mit einem Stoma in Deutschland (ILCO e. V.).

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