Krebsnachsorge – ins Leben zurückfinden

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Wer von einer Krebserkrankung geheilt ist, ist nicht automatisch gesund. Die oft kräftezehrende Behandlung hinterlässt bei den Betroffenen oft tiefe Spuren. Hinzu kommt die Sorge vor einem Wiederauftreten der Erkrankung oder gar einer neuen Krebserkrankung als Folge von Therapien. Daher ist die Krebsnachsorge für Erkrankte eine besonders wichtige Phase, in der Fachleute den Gesundheitszustand der ehemals Krebserkrankten im Blick behalten und versuchen, Anzeichen eines Rückfalls oder von Folgeerkrankungen frühzeitig zu erkennen. Patientinnen und Patienten wünschen sich darüber hinaus Informationen, was sie selbst zu einer langfristigen Heilung beitragen können und benötigen oft auch Beratung zu einer Anpassung ihrer Lebenssituation an eine veränderte Leistungsfähigkeit oder eingebüßte körperliche Funktionen und seelische Belastbarkeit. apropos erklärt, was in der Phase der Krebsnachsorge wichtig ist und gibt Tipps für die herausfordernde Zeit nach der Krebsbehandlung.

Je aggressiver und weiter fortgeschritten eine Krebserkrankung ist, desto intensiver und länger andauernd ist oft die Therapie. Hierbei spielt auch eine Rolle, ob die Therapie in kurativer Absicht erfolgt, also eine Heilung Therapieziel ist oder ob sie primär eine palliative Therapieintention verfolgt, das heißt auf optimale Lebensqualität und Lebensverlängerung setzt. Wenig intensive oder rein supportive Therapien werden insbesondere dann verfolgt, wenn eine bestmögliche Beschwerdelinderung und keine Wirkung direkt gegen die Krebserkrankung angestrebt wird. Das Risiko für Folgeschäden – ob physischer oder psychischer Art – ist bei verschiedenen Krebserkrankungen und angewandten Therapieprinzipien unterschiedlich verteilt und ausgeprägt. Etwa die Hälfte aller Langzeitüberlebenden, die seit mehr als 15 Jahren als vom Krebs geheilt gelten, berichten von physischen und psychischen Problemen, zudem besteht nach abgeschlossener Krebstherapie mitunter ein erhöhtes Risiko von sogenannten Zweittumoren.

Fortlaufende Betreuung nach der Krebserkrankung

Diesen Problemen angemessen zu begegnen, ist Teil der Krebsnachsorge: In dieser Phase nach einer abgeschlossenen oder vorläufig absolvierten Behandlung finden planmäßige Nachuntersuchungen mit den Patientinnen und Patienten statt. Je nach Tumorart, Krankheitsstadium und Therapie kann der Übergang zwischen Krebsbehandlung, Verlaufskontrolle und Nachsorge fließend sein. Die Tumornachsorge dient dazu, den Gesundheitszustand zu überprüfen, Folgen von Therapien zu mildern und ein Wiederauftreten der ursprünglichen Krankheit (oder von Zweittumoren) zu verhindern und/oder frühzeitig zu erkennen. Ärzte behandeln Begleit- und Folgeerscheinungen der Krebserkrankung und -therapie und unterstützen die Patienten im psychosozialen Umgang mit ihrer Erkrankung im Alltag. Einige Betroffene leiden beispielsweise unter Herz-, Lungen-, oder Nierenfolgeschäden, sind aufgrund der langwierigen Behandlung chronisch erschöpft und entwickeln Angstzustände, die mit einer Depression einhergehen können. Doch auch Störungen der Sexualität und Fruchtbarkeit sind häufige Begleiterscheinungen, bei denen es zahlreiche Möglichkeiten gibt, wirkungsvoll zu helfen. Zudem sollten diese Themen patientenseitig proaktiv und offen bei den Nachsorgeterminen angesprochen werden.

Für die Betroffenen beginnt die Nachsorge häufig mit einer stationären oder ambulanten Rehabilitation. „Für die Patientinnen und Patienten findet in der mehrwöchigen Reha ein umfangreiches Programm zur körperlichen Erholung und zur Krankheitsverarbeitung statt. Sie sollen dort die nötige Unterstützung und Hilfe erhalten, um schneller ins alltägliche und gegebenenfalls berufliche Leben zurückkehren zu können“, weiß Univ.-Prof. Dr. med. Tim H. Brümmendorf, Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie, Hämostaseologie und Stammzelltransplantation (Medizinische Klinik IV) an der Uniklinik RWTH Aachen. Er hat gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen des Centrums für Integrierte Onkologie (CIOA) der Uniklinik RWTH Aachen den Ratgeber „Leben mit Krebs“ verfasst, der Patienten und ihre Angehörigen bei der Bewältigung der akuten Krebserkrankung und ihrer Folgen mit praktischen Tipps und verständlichen Informationen zu ganz unterschiedlichen Aspekten einer Krebserkrankung unterstützt. Zudem informieren Mitarbeiter des CIOA regelmäßig und in verständlicher Form Patientinnen und Patienten, deren Angehörige und Familien sowie grundsätzlich Interessierte in einer gleichnamigen, speziell dafür konzipierten Veranstaltungsreihe. Ziel dieser Veranstaltung ist es, Themen aufzugreifen, die im täglichen klinischen Alltag zu kurz kommen, praktische und anwendbare Tipps und Hilfestellungen zu geben und in stressfreier Umgebung niedrigschwellig Fragen zu beantworten. 

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Ein nützlicher Helfer: Der Nachsorgepass

Für die Zeit nach der Rehabilitation kann ein sogenannter Nachsorgepass helfen: Er enthält Angaben zum Krankheitsverlauf, zu weiteren Terminen sowie den einzelnen Untersuchungen und deren Ergebnissen. Anfangs sind die Abstände zwischen den Nachsorgeuntersuchungen kürzer und werden mit der Zeit typischerweise länger, wenn es keine Anzeichen für einen Rückfall gibt. Die Termine dienen der fortlaufenden Diagnostik und bieten Raum für die Patientinnen und Patienten, Fragen zu stellen, Belastungszustände zu äußern und psychosoziale Beratungsangebote zu vereinbaren. Der Umfang der geplanten Untersuchungen sollte gemeinsam zwischen den Ärzten und Patienten abgestimmt werden. Aufgrund der möglichen Langzeitfolgen der Erkrankung und Behandlung sollten Patienten bei den Nachsorgen insbesondere auch häufige Probleme wie Müdigkeit, Erschöpfung, Schlafstörung, veränderte Wahrnehmung des eigenen Körperbildes, Sexualität, Depressivität, finanzielle Probleme, Existenzangst und berufliche Sorgen ansprechen.

Viele Betroffene befinden sich während, aber auch nach ihrer Erkrankung in einer Ausnahmesituation. Gerade die Beschwerden, die von außen oft nicht direkt mit der Krebserkrankung assoziiert werden, können besonders belasten und müssen in die Therapie integriert werden, denn die Krebsnachsorge verfolgt das Ziel, die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten im Allgemeinen zu verbessern und mögliche Komplikationen und Probleme zu beseitigen. Helfen können in solchen Fällen die behandelnden Ärzte, aber auch Krebsberatungsstellen, Selbsthilfegruppen, sozialrechtliche Ansprechpartner, Ernährungsberater, Sportgruppen und Psychoonkologen, die sich auf die Behandlung psychischer Probleme von Krebspatienten spezialisiert haben.

Für den Notfall vorsorgen

Gerade kurz davor und während der Nachsorgetermine kann bei den Betroffenen die psychische Belastung noch einmal ansteigen. Die Angst vor einem Wiederauftreten und einer Ausbreitung der Krebserkrankung ist für viele Patienten eine große Belastung. Fragen nach der Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls und mögliche Reaktionen auf einen erneuten Tumor beschäftigen die Krebspatienten. Das ist verständlich eine ganz normale seelische Reaktion. Sollte diese Unruhe und Angst aber überhandnehmen und den Alltag beeinträchtigen, kann ein Psychoonkologe mit den Patientinnen und Patienten hilfreiche Strategien für die Zeiten rund um die anstehenden Untersuchungen entwickeln. Manchmal ist auch der Einsatz eines unterstützenden Medikamentes sinnvoll, vor allem wenn es beispielsweise bei einer Untersuchung um Platzangst innerhalb eines MRT geht.

 „Wichtig bei der Krebsnachsorge ist die Vorbereitung auf Notfälle. Ein guter Ansprechpartner ist der behandelnde Hausarzt. Er kann bei gesundheitlichen Fragestellungen und Beschwerden helfen oder die Patienten zielgerichtet überweisen. Wichtig ist, dass der Arzt auf die Behandlung von Krebspatienten spezialisiert ist und Informationen zur Therapie, zur Nachsorge und zu allen weiteren Behandlungen erhalten hat. Dann kann er alle notwendigen Maßnahmen koordinieren und den Patienten bestmöglich helfen“, rät Prof. Brümmendorf.  

Mit anderen vernetzen

Typischerweise dauert die medizinische Nachsorge nach einer Krebsbehandlung rund fünf Jahre, für manche Krebsarten aber auch länger. Sie soll damit einen Zeitraum abdecken, in dem viele Patienten noch mit den Folgen ihrer Erkrankung zu tun haben, das Risiko für einen Rückfall aber deutlich absinkt. Da aber ein großer Teil der Patienten die Krebserkrankung für einen deutlich längeren Zeitraum als sehr prägend wahrnimmt, ist es ratsam, dass Krebserkrankte selbst aktiv werden und sich vernetzen. Insbesondere Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen bieten Patienten, aber auch ihren Angehörigen einen passenden Ort für einen Austausch und die Vermittlung von Hilfestellungen bei Fragen, die nicht direkt die reine Krebskontrolle betreffen, wie zum Beispiel finanzielle Sorgen oder Probleme in der eigenen Sexualität. Abschließend hat Prof. Brümmendorf noch einen grundsätzlichen Rat: „Ein gesunder Lebensstil ist für alle Krebspatienten besonders hilfreich und kann unerwünschten Spätfolgen vorbeugen. Das Motto sollte daher lauten: Viel bewegen, gesund ernähren, Übergewicht abbauen, nicht rauchen und maßvoll Alkohol zu sich nehmen. Wer diese Ratschläge befolgt, tut etwas Gutes für seine Gesundheit und damit auch für seine Lebensqualität.“

Weitere Informationen zu dem Ratgeber und der Veranstaltungsreihe „Leben mit Krebs“ gibt es unter: https://www.lebenmitkrebs-aachen.de.

Die „Yes!“-App von „yeswecan!cer” bietet eine kostenlose, digitale Selbsthilfegruppe. Betroffene können sich digital austauschen und gegenseitig weiterhelfen.

Nützliche Informationen über Therapiemöglichkeiten, Fakten zur Erkrankung sowie Wissenswertes zur Bekämpfung von Krebs findet man auf den Seiten der Deutschen Krebshilfe.

Patientenverständliche Erläuterungen der Behandlungsgrundsätze finden sich auf der Homepage „onkopedia“ der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO).

Eine umfassende Beratung vor allem auch bei psychosozialen Problemen finden Betroffene bei den Landesverbänden der Deutschen Krebsgesellschaften e. V.

Die Deutsche Stiftung für Junge Erwachsene mit Krebs bündelt auf ihrer Webseite Junges Krebsportal wichtige Informationen und Hilfsangebote für Betroffenen im Alter zwischen 18 und 39 Jahren.

Selbsthilfe für Langzeitüberlebende im erwerbsfähigen Alter bietet der Verein Leben nach Krebs! e. V.

Einen guten Überblick über vielfältige Fragestellungen, die in Zusammenhang mit Krebs auftauchen bietet der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums in der Helmholtz-Gemeinschaft.

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