Herzinfarkt und Schlaganfall gehören zu den häufigsten Todesursachen in Europa. In einem Notfall sind oft Minuten oder sogar Sekunden entscheidend. Aber auch bei schweren Verletzungen wie Knochenbrüchen, bei Verbrennungen oder Vergiftungen kann und sollte man bereits erste Hilfsmaßnahmen ergreifen, während man auf den Rettungsdienst wartet. Nichts zu tun, darf keine Option sein. Das sagt auch Notfallmediziner Priv.-Doz. Dr. med. Jörg Brokmann, Leiter der Zentralen Notaufnahme in der Uniklinik RWTH Aachen. „Handeln Sie!“, rät der Experte. „Gerade bei Schlaganfällen und Herzinfarkten gibt es keinen größeren Fehler, als keine Hilfe zu leisten.“ Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes dauert es in Nordrhein-Westfalen durchschnittlich bis zu acht Minuten. Wenn in dieser Zeit bereits von Ersthelfern mit lebensrettenden Maßnahmen begonnen wurde, steigen die Überlebenschancen der Betroffenen im Schnitt um das Dreifache.
„Deutsche Ersthelfer handeln im Vergleich zu Menschen in anderen Staaten eher zögerlich“, weiß Dr. Brokmann. Während in Deutschland teilweise weniger als 20 Prozent der Menschen in einem Notfall lebensrettende Maßnahmen wie eine Herzdruckmassage einleiten, sind es beispielsweise in den Niederlanden doppelt so viele. „Auch deshalb hat die Kultusministerkonferenz bereits 2014 empfohlen, Schülerinnen und Schüler ab der siebten Klasse jährlich in Wiederbelebung zu schulen“, erklärt der Fachmann weiter. Die neue schwarz-gelbe Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat dies gerade in ihrem Koalitionsvertrag aufgegriffen und festgelegt, dass Reanimation künftig an allen Schulen des Landes gelehrt werden soll. Nach aktuellen Zahlen des Deutschen Reanimationsregisters erleiden in Deutschland mindestens 50.000 Menschen pro Jahr außerhalb eines Krankenhauses einen Herz-Kreislaufstillstand, nur zehn Prozent überleben. Das unverzügliche Einleiten einer Herzdruckmassage könnte demnach 10.000 Menschenleben zusätzlich retten. Der Schulunterricht soll das nötige Wissen dazu vermitteln.
Herzinfarkt
Mögliche Symptome:
- Starke Schmerzen
Oft strahlen die Schmerzen in andere Körperregionen aus – zum Beispiel in die Arme, den Oberbauch, zwischen die Schulterblätter in den Rücken oder in den Hals und Kiefer. - Massives Engegefühl
Meist tritt ein Herzinfarkt mit einem heftigen Druck oder einem sehr starken Einschnürungsgefühl im Herzbereich in Erscheinung. Viele Menschen mit einem Herzinfarkt haben das Gefühl, dass ihnen ein schweres Gewicht auf die Brust drückt. - Heftiges Brennen
Oft handelt es sich bei den Schmerzen eines Herzinfarkts auch um ein stark brennendes Gefühl. - Übelkeit, Erbrechen, Atemnot und Schmerzen im Oberbauch
Ein Herzinfarkt kann sich auch alleine mit sogenannten „unspezifischen Anzeichen“ bemerkbar machen. Zu unspezifischen Anzeichen zählen zum Beispiel Übelkeit, Atemnot, Schmerzen im Oberbauch und Erbrechen. Da solche Beschwerden auch bei harmloseren Erkrankungen auftreten, wird empfohlen, immer dann den Rettungsdienst zu rufen, wenn diese unspezifischen Beschwerden in zuvor noch nie erlebtem Ausmaß auftreten. - Angstschweiß mit kalter, fahler Haut
Häufig tritt bei einem Herzinfarkt zusätzlich Angst auf, die sich zum Beispiel mit einer blassen Gesichtsfarbe und Kaltschweißigkeit bemerkbar machen kann.
Was ist zu tun?
112 wählen – Rettungsdienst rufen! Jede Minute zählt!
- Ist der Betroffene bei Bewusstsein: Sprechen Sie mit ihm, beruhigen Sie ihn. Lockern Sie enge Kleidungsstücke (Krawatte, Hemdkragen) und lagern Sie ihn mit leicht erhöhtem Oberkörper auf einer harten Unterlage.
- Ist der Patient nicht ansprechbar, atmet nicht und bewegt sich nicht, heißt das: Kreislaufstillstand. Schnelles Handeln ist jetzt wichtig.
- 30 Mal Herzdruckmassage (Frequenz: 100 Mal pro Minute): Druckpunkt in der Mitte des Brustkorbes. Eine Hand flach auflegen, den Ballen der zweiten Hand darüber. Beim Eindrücken des Brustkorbes (mit gestreckten Armen) etwa fünf Zentimeter tief eindrücken. Häufigster Fehler: Es wird nicht kräftig genug gedrückt. Danach zweimal beatmen.
- Kopf des Patienten überstrecken und zweimal Mund zu-Mund- (Nase zuhalten) oder Mund-zu-Nase-Beatmung (Mund zudrücken) durchführen und danach wieder 30 Mal Herzdruckmassage.
- Weitermachen, bis der Notarzt kommt oder der Patient Abwehrbewegungen zeigt
Schlaganfall
Mögliche Symptome:
- Lähmungserscheinungen
Plötzliche einseitige Lähmung oder Kraftminderung ohne andere Ursache, insbesondere im Arm und/oder Bein - Taubheitsgefühl
Einseitiges Taubheitsgefühl in Arm, Bein, Gesicht (taubes, pelziges oder kribbeliges Gefühl), einseitig herabhängender Mundwinkel, Lähmung einer Gesichtshälfte - Sehstörungen
Verschwommenes, doppeltes oder eingeschränktes Sehen bis hin zum vorübergehenden Sehverlust - Sprechstörungen
Undeutliches Sprechen, Wiederholungen von Wörtern oder Silben, lange Pausen bis hin zum Verlust des Sprachvermögens - Verminderte Ausdrucksfähigkeit
Der Betroffene kann nicht mehr benennen, was er möchte, oder äußert sich sinnlos - Verständnisstörungen
Anweisungen werden nicht oder falsch umgesetzt - Plötzlich auftretende Gleichgewichtsstörungen und Schwindel
- Bewusstlosigkeit oder Erbrechen
- Starke Kopfschmerzen
Setzen schlagartig ein und sind kaum zu ertragen – typisch bei einer GehirnblutungWas ist zu tun?
112 wählen – Rettungsdienst rufen! Jede Minute zählt!
- Den Betroffenen beobachten, nicht alleine lassen, ihn beruhigen und mit ihm sprechen.
- Gegebenenfalls beengende Kleidung lockern, Zahnprothesen entfernen.
- Nichts zu essen oder zu trinken geben, da das Schlucken gestört sein könnte!
- Ist der Betroffene bei Bewusstsein, mit etwa 30 Grad erhöhtem Oberkörper ruhig lagern, zum Beispiel mit einem Kissen im Rücken.
- Bei Erbrechen oder Bewusstlosigkeit: Den Betroffenen in die stabile Seitenlage bringen, immer wieder Puls und Atmung kontrollieren.
- Können Sie keinen Puls oder keine Atmung feststellen, legen Sie den Betroffenen auf dem Rücken auf eine harte Unterlage, zum Beispiel den Boden, und beginnen Sie unverzüglich mit den Wiederbelebungsmaßnahmen (siehe „Was ist zu tun bei Herzinfarkt?“).
- Teilen Sie dem Notarzt beziehungsweise dem eintreffenden Rettungsdienst die beobachtete Symptomatik und die Vorerkrankungen des Patienten mit. Geben Sie, wenn möglich, auch eine Liste der Medikamente mit, die der Betroffene einnimmt, sowie die Uhrzeit des Auftretens der ersten Schlaganfallsymptome.