Fehlfunktion im Nervensystem

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In den Fällen des plötzlichen Beginns schildern Betroffene, ihre Stimmung habe sich von einem Augenblick auf den anderen verdüstert. Weitaus häufiger entsteht eine Depression jedoch unmerklich und in einer für die Betroffenen kaum nachvollziehbaren Weise. Über Wochen oder Monate hinweg entwickeln sich die unterschiedlichsten Störungen an Psyche und Körper. „Die Lebensqualität nimmt ab, kann sich aber vorübergehend wieder vollkommen einstellen, sodass die Betroffenen diese Störungen nur für eine vorübergehende Unpässlichkeit halten“, erklärt Univ.-Prof. Dr. med. Dr. rer. soc. Frank Schneider, ehemaliger Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an der Uniklinik RWTH Aachen. „Die unterschiedlichen Beschwerden, die sich einstellen und die oft auch wieder für eine bestimmte Zeit verschwinden, werden nicht als zusammenhängendes Phänomen wahrgenommen, dem man gezielt auf den Grund kommen möchte, wie dies bei anderen Erkrankungen in der Regel geschieht.“ Vielmehr herrsche bei vielen Betroffenen das Gefühl vor, man selbst würde sich zum Nachteil verändern. Die depressiv Erkrankten können nicht mehr klar zwischen „gesund“ und „krank“ unterscheiden. Typisch: Die Erkrankung erfasst den gesamten Menschen und nicht wie bei der Mehrzahl der körperlichen Erkrankungen klar abgrenzbare Teilbereiche.

Zusammenspiel vieler Faktoren

Wie bei den meisten psychischen Erkrankungen geht man heute in der Wissenschaft davon aus, dass an der Entstehung einer Depression eine ganze Reihe von biologischen, psychischen und sozialen Faktoren beteiligt sind. Die Fachleute sprechen deshalb von einem bio-psycho-sozialen Krankheitsmodell. Einen moderierenden Einfluss auf diese Faktoren übt die individuelle Veranlagung eines Menschen aus, da die Erbanlagen ebenfalls eine nicht unwesentliche Rolle spielen. „Unmittelbaren Einfluss auf die Entstehung einer Depression haben auf neurobiologischer Ebene Fehlfunktionen im Neurotransmitter-System. Neurotransmitter sind chemische Substanzen, die von den Nervenzellen ausgeschüttet werden und als Botenstoffe in der Kommunikation innerhalb des Nervensystems eine wichtige Rolle spielen. So trägt der Neurotransmitter Serotonin wesentlich zur Steuerung von Stimmungen und Emotionen bei. Auf psychosozialer Ebene ist die Entstehung einer Depression oft eng mit einschneidenden Belastungen in der individuellen Entwicklungs- und Lebensgeschichte verknüpft. Sehr belastende Lebensereignisse wie Trennungs- und Verlusterlebnisse steigern das Risiko, im weiteren Lebensverlauf eine Depression zu entwickeln.“

„Aus der Praxis und Forschung wissen wir, dass depressive Patienten in der Kindheit zwei- bis dreimal so häufig Verluste wichtiger Bezugspersonen durch Tod, Trennung oder Scheidung erlebt haben wie nichtdepressive Menschen“, erklärt Prof. Schneider. „Ebenso können bestimmte Persönlichkeitsfaktoren und Verhaltensmuster wie Introvertiertheit, negative Selbstsicht und Vermeidung zwischenmenschlicher Beziehungen die Anfälligkeit für eine Depression erhöhen. Umgekehrt sind intakte Sozialkontakte und verlässliche persönliche Beziehungen gute Schutzfaktoren.“

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