Altersbedingte Makuladegeneration: Wenn die Sehkraft nachlässt

Kommt Ihnen das bekannt vor? Schlagartig verschwimmen die Buchstaben beim Lesen, Bilder erscheinen verzerrt und Gesichter lassen sich nicht mehr so einfach erkennen. Diese Anzeichen können auf eine ernsthafte Erkrankung, die sogenannte altersbedingte Makuladegeneration (AMD), hindeuten. Sie ist die häufigste Erblindungsursache des höheren Lebensalters in den westlichen Industrieländern. apropos hat bei Dr. med. Tibor Karl Lohmann, Oberarzt in der Klinik für Augenheilkunde an der Uniklinik RWTH Aachen, nachgefragt und die wichtigsten Infos zu Ursachen, Diagnose und Behandlung zusammengefasst.

Dass die Sehkraft mit den Jahren nachlässt, ist eine normale Begleiterscheinung des Alterns. Doch mit den Lebensjahren steigt auch das Risiko für ernsthafte Augenleiden, die die Lebensqualität stark beeinträchtigen können. Hierzu zählt die altersbedingte Makuladegeneration, die die häufigste Ursache für einen irreversiblen Sehverlust bei Menschen über 65 Jahren darstellt. Allein in Deutschland gibt es mehr als sieben Millionen Betroffene. „Bei dieser schwerwiegenden Erkrankung wird der zentrale Bereich der Netzhaut des Auges angegriffen. Diese Stelle, auch als Makula oder Gelber Fleck bezeichnet, ist für das scharfe Sehen essentiell“, so Dr. Lohmann. Nach und nach büßen die Sinneszellen ihre Funktion ein, sodass die Betroffenen gerade das, was sie direkt fokussieren, nicht mehr erkennen können.

Eine Erkrankung, zwei Formen

Man unterscheidet zwei Verlaufsformen von AMD: die „trockene“ und die „feuchte“. „Im Frühstadium der Erkrankung lagern sich Stoffwechselendprodukte, sogenannte Drusen, unter der Makula ab und führen zu einer Unterversorgung der Netzhautmitte, wodurch es im (unbehandelten) Spätstadium zum Absterben der Netzhautzellen kommt“, erklärt der Mediziner den Krankheitsverlauf. Diese sogenannte trockene Form betrifft circa 90 Prozent der Patientinnen und Patienten. In der feuchten Makuladegeneration sprießen krankhafte Blutgefäße unter der Netzhaut, wodurch Blut und Flüssigkeit in beziehungsweise unter die Netzhaut sickern und die zentrale Sehkraft zerstören. Während sich die Sehstörung bei der trockenen Variante langsam über Monate oder auch Jahre entwickeln und ausdehnen kann, zeigt sich bei der feuchten AMD ein schnellerer, aggressiverer Krankheitsverlauf.

Visuelle Beschwerden

Betroffene bemerken in der Regel zuerst, dass sie gerade Linien gewellt oder verzehrt wahrnehmen. Das Lesen bereitet zunehmend Probleme, da Buchstaben verschwimmen, und auch Farben und Kontraste verblassen. Im fortgeschrittenen Stadium können verschwommene Flecken hinzukommen. Das zentrale Sehen kann aber auch ganz verloren gehen, sodass Erkrankte nur noch unscharf sehen. „Ist bloß ein Auge erkrankt, bleiben erste Anzeichen oftmals unbemerkt, da die Sehleistung über das gesunde Auge kompensiert wird. Umso wichtiger sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt“, betont Dr. Lohmann. „Dank moderner Diagnoseverfahren und Tests können erste Veränderungen in der Mitte der Netzhaut bereits entdeckt werden, bevor Patienten selbst Seheinschränkungen bemerken.“ Hier kommt es vor allem auf eine frühzeitige Diagnose an, um durch eine adäquate Behandlung das Fortschreiten zu stoppen beziehungsweise zu verlangsamen. Eine Heilung der AMD bis heute nicht möglich ist.

Therapieziel: Sehkraft erhalten

Zur Therapie der feuchten Makuladegeneration stehen eine Vielzahl wirkungsvoller Medikamente zur Verfügung. „Sogenannte VEGF-Hemmer sind das erste Mittel der Wahl. Das Präparat wird unter örtlicher Betäubung ins Auge injiziert und hemmt das unerwünschte Wachstum der krankhaften Blutgefäße hinter der Netzhaut. Bereits entstandene Ablagerungen bilden sich zum Teil zurück“, erläutert der Experte. In der Folge bleibt die aktuelle Sehkraft meist erhalten und kann sich in einigen Fällen sogar wieder verbessern.

Ist die Erkrankung weiter fortgeschritten und das Sehvermögen deutlich eingeschränkt, können spezielle Sehhilfen den Betroffenen helfen, im Alltag weiterhin zurechtzukommen. Für die trockene altersbedingte Makuladegeneration gibt es derzeit noch keine erfolgreiche Behandlungsmethode, allerdings stehen verschiedene Medikamente zur Verlangsamung des Krankheitsfortschrittes kurz vor der Zulassung.

Risiko minimieren

Auch wenn die Ursachen einer AMD noch nicht restlos geklärt sind, können bestimmte Faktoren das Erkrankungsrisiko erhöhen. „Neben unveränderlichen Parametern wie dem Lebensalter, der genetische Veranlagung und dem Geschlecht spielt auch der Lebensstil eine Rolle“, weiß Dr. Lohmann. Eine gesunde ausgewogene Ernährung , ausreichend Bewegung und die Minimierung von Risikofaktoren wie Nikotin-Konsum, UV-Strahlung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen helfen, die Augen gesund zu halten. Einige Betroffene greifen auch nach ärztlicher Anordnung zu Nahrungsergänzungsmitteln. Die Kombination aus Vitamin C, Vitamin E, Zink, Betacarotin und Kupferoxid soll das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.

Selbstbeobachtung empfehlenswert

„Mithilfe des sogenannten Amsler-Gitter-Tests können Sie selbst ihr Sehvermögen regelmäßig überprüfen und bei ersten Anzeichen einer Verschlechterung ärztlichen Rat einholen. Schauen Sie dabei in einem Abstand von circa 30 bis 40 Zentimetern auf ein Gitter – beispielsweise auf ein kariertes Papier oder die Fliesenfugen im Bad. Erscheinen die regelmäßigen und geraden Linien krumm und verzehrt, verbogen oder verschwommen, so besteht der Verdacht auf eine AMD“, erklärt der Augenarzt. Dieser Selbsttest ersetzt jedoch keinesfalls den Arztbesuch.

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