Es sind die alltäglichen Situationen, die Frauen mit Senkungsbeschwerden zu
schaffen machen können: Husten, Niesen oder Lachen können mit unfreiwilligem
Urinabgang einhergehen, im Gehen oder Sitzen stellt sich ein unangenehmes
Fremdkörpergefühl ein. Verursachen tiefstehende Beckenorgane Beschwerden, ist
ärztlicher Rat sinnvoll. Lesen Sie nach, was Frauen gegen eine Gebärmutter- und
Scheidensenkung tun können und ob Beckenbodengymnastik eine sinnvolle
Unterstützung ist.
Rutscht ein Organ aus seiner normalen Position in der Beckenhöhle hinab Richtung Scheideneingang oder verlagert sich teilweise nach unten, sprechen Expertinnen und Experten von einer Gebärmutter- und Scheidensenkung. „Dass sich Beckenorgane im Laufe des Lebens leicht absenken, ist normal, insbesondere nach mehreren vaginalen Geburten, da diese das Bindegewebe und die Muskeln stark beanspruchen. Aber auch der natürliche Alterungsprozess oder Hormonveränderungen in den Wechseljahren spielen eine Rolle“, beruhigt Priv.-Doz. Dr. med. Laila Najjari, Stellvertretende Klinikdirektorin und Leitende Oberärztin in der Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin an der Uniklinik RWTH Aachen. „Die primäre Ursache für eine Gebärmutter- und Scheidensenkung liegt in einem geschwächten Beckenboden. Dieses Netz aus Muskeln und Bindegewebe, das die Organe im Unterleib an der richtigen Stelle hält, ist erfahrungsgemäß bei vielen Frauen ein anatomischer Schwachpunkt ihres Körpers“, ergänzt die Gynäkologin.
Symptome und Diagnose
Eine leichte Senkung bemerken viele Frauen gar nicht. Erst mit zunehmenden Symptomen fühlen sich viele Frauen unwohl, denn verändert ein Organ seine Position, kann es unter Umständen auf Blase, Scheide oder Enddarm drücken. Die Folge: Schmerzen oder Druck im Becken- und Rückenbereich, Harninkontinenz, Schwierigkeiten beim Wasserlassen oder Probleme beim Stuhlgang. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der nicht außer Acht gelassen werden darf, ist das Problem der Isolation, das ältere Frauen bei dieser Erkrankung erfahren können, da die Beschwerden ihre Teilnahme am sozialen Leben erheblich einschränken können. Nachdem Frau ihren ersten Schritt gewagt und ihrer Frauenärztin oder ihrem Frauenarzt die Beschwerden beschrieben hat, erfolgt eine klinische Untersuchung, um den Zustand des Beckenbodens zu beurteilen. Diese ist mit den bekannten Routine- oder Vorsorgeuntersuchungen vergleichbar. Neben einer Urinanalyse können je nach Beschwerdebild auch zusätzliche bildgebende Verfahren wie ein vaginaler und perinealer Ultraschall zum Einsatz kommen, um den Grad der Senkung zu bestimmen und Begleiterkrankungen auszuschließen. Die Leiterin des Kontinenzzentrums an der Uniklinik RWTH Aachen erklärt: „Bei Gebärmutter- und Scheidensenkungen wird oftmals auch eine Blasendruckmessung, eine sogenannte urodynamische Untersuchung, zur weiteren Diagnose empfohlen. Dabei platzieren wir eine kleine drucksensible Sonde in Blase und Darm und messen, inwieweit die Muskulatur der Blase und des Beckenbodens dem Druck einer sich füllenden Blase standhält.“
Was tun?
Für Frauen in den Wechseljahren stellt das Eincremen der Scheide mit Hormonsalbe oft den ersten Schritt der Behandlung dar. Diese Methode zielt darauf ab, die Gewebestruktur zu verbessern und Symptome zu lindern, indem sie der durch Hormonveränderungen bedingten Ausdünnung des Gewebes entgegenwirkt. Bei leichten Symptomen können zudem gezielte physiotherapeutische Übungen dabei helfen, die Beckenbodenmuskulatur zu kräftigen. „Frauen mit einer mittelgradigen Senkung, die einen operativen Eingriff vorerst vermeiden möchten, können Pessare nutzen. Das sind individuell anpassbare kleine Hilfsmittel aus Silikon oder Gummi, die wie ein Tampon in die Scheide eingeführt werden, die betroffenen Organe anheben und Halt und Stabilität geben. Sie beheben einen bestehenden Vorfall allerdings nicht, sondern wirken lediglich einer weiteren Senkung entgegen. Bei starken Beschwerden kann eine Operation sinnvoll sein. Durch verschiedene minimalinvasive operative Eingriffe können wir betroffene Organe zurückverlagern, stützen oder fixieren, um eine Linderung der Symptome zu erreichen. Diese Verfahren zeichnen sich durch sehr gute Erfolgs- und Heilungsraten aus, erfordern nur einen sehr kurzen stationären Aufenthalt und ermöglichen es den Patientinnen, schnell wieder am sozialen und allgemeinen Leben teilzunehmen“, erläutert Dr. Najjari.
Selbst ist die Frau
Wer selbst aktiv werden und etwas gegen die Senkungsbeschwerden tun möchte, sollte neben regelmäßigem Beckenbodentraining einem gesunden Lebensstil nachgehen. „Vermeiden Sie Rauchen, chronische Verstopfung und reduzieren Sie mögliches Übergewicht. Oft wird auch das ständige Heben schwerer Lasten unterschätzt. Daher sollten Sie darauf achten, übermäßigen Druck auf den Beckenboden zu vermeiden, um einer Gebärmutter- und Scheidensenkung vorzubeugen“, betont die Oberärztin.
Höchstleistungen
Eine Gebärmutter vollbringt Höchstleistungen. Während einer Schwangerschaft unterstützt sie das
heranwachsende Kind, dehnt sich aus, bietet Schutz, Nährstoffe und einen sicheren Raum für die
Entwicklung des Babys.