Brustkrebs: früh erkannt, gut behandelbar

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Alle acht Minuten erhält eine Frau in Deutschland die Diagnose Brustkrebs. Mit rund 70.000 Neuerkrankungen im Jahr ist Brustkrebs hierzulande die mit Abstand häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Angesichts ihrer Tragweite ist die Nachricht für die meisten Betroffenen ein emotionaler Schock. Nach einem ersten Moment der Fassungslosigkeit stellen sich drängende Fragen: Kann ich geheilt werden? Wie geht es jetzt weiter? Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Um einen Überblick über das Brustkrebsgeschehen zu bekommen, hat apropos mit Univ.-Prof. Dr. med. Elmar Stickeler, Leiter des Brustzentrums an der Uniklinik RWTH Aachen, gesprochen.

Könnte das ein Knoten in meiner Brust sein? Die Angst vor Brustkrebs sitzt bei vielen Frauen tief. Jede achte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Obwohl er der häufigste bösartige Tumor bei Frauen ist, ist Brustkrebs sehr gut behandelbar. „Rechtzeitig erkannt und behandelt, sind die meisten Erkrankungen heilbar“, ermutigt Prof. Stickeler. „Fest steht: Da es nicht den einen Brustkrebs gibt, sondern verschiedene Arten, werden immer individuelle, auf die Patientin zugeschnittene Behandlungskonzepte angeboten und nach gemeinsamer Abstimmung durchgeführt“, so der Mediziner.

Brustkrebs verstehen

Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs. Krebs kann entstehen, wenn sich gesunde Zellen im Brustgewebe krankhaft verändern. Doch nicht jeder festgestellte Tumor bedeutet, dass man an Krebs erkrankt ist. Medizinerinnen und Mediziner sprechen auch dann von Tumoren, wenn bestimmte Zellveränderungen in der Brust gutartig sind. Der Sammelbegriff „Krebs“ hingegen wird für bösartige Tumorerkrankungen verwendet, die unkontrolliert in benachbartes Gewebe eindringen und in manchen Fällen Tochtergeschwülste, sogenannte Metastasen, in anderen Körperregionen wie beispielsweise der Lunge bilden.


Grundsätzlich wird beim Brustkrebs, in der Fachsprache auch Mammakarzinom genannt, nach Gewebetyp, besonderen Eigenschaften, wie dem Vorhandensein von Hormonrezeptoren, und Ausbreitung differenziert. Die weibliche Brust besteht hauptsächlich aus Fett, Drüsen- und Bindegewebe. „Am häufigsten entsteht Brustkrebs aus den Zellen in den Milchgängen (früher duktales Mammakarzinom, heute NST)“, weiß Prof. Stickeler. Seltener ist das lobuläre Mammakarzinom, welches hingegen in den Drüsenläppchen entsteht. Die genaue Charakterisierung und Klassifikation erfolgt anhand der Eigenschaften des Tumors, wie Wachstumsgeschwindigkeit und Hormonabhängigkeit. Dies ist notwendig, da von der Art des Brustkrebses letztlich die Art der Behandlung abhängt.

Anatomie der weiblichen Brust
Zwei Brustkrebsarten: duktales und lobuläres Karzinom


Mögliche Risikofaktoren

Brustkrebs entsteht durch vielfältige Ursachen und kann meist nicht auf eine einzige zurückgeführt werden. Es gibt jedoch einige Faktoren, die eine Entstehung von Brustkrebs begünstigen. Dazu gehören unter anderem das zunehmende Lebensalter, späte Wechseljahre, Übergewicht und ein sehr dichtes Brustgewebe. In circa zehn Prozent aller Fälle liegt eine familiäre beziehungsweise genetische Belastung vor. „Darüber hinaus gibt es aber Einflussfaktoren wie unser Lebensstil, den wir selbst steuern und ändern können. Das Halten von Normalgewicht, regelmäßige Bewegung und Sport, gesunde Ernährung sowie der Verzicht auf Nikotin und Alkohol können das persönliche Brustkrebsrisiko deutlich reduzieren“, betont der Experte.

Erste Anzeichen erkennen

Anders als andere Erkrankungen verursacht Brustkrebs im frühen Stadium in der Regel keine Schmerzen. Umso bedeutsamer ist es, auffällige Brustveränderungen frühzeitig zu entdecken und untersuchen zu lassen. „Für die Früherkennung sind die Vorsorgeuntersuchungen die wichtigste Maßnahme“, so Prof. Stickeler. Für Frauen mit einem erhöhten Brustkrebsrisiko, beispielsweise aufgrund einer familiären Vorbelastung, kann eine intensivierte Früherkennung sinnvoll sein, die zusätzlich zur üblichen Tastuntersuchung und Mammographie eine jährliche Ultraschalluntersuchung sowie eine jährliche Magnetresonanztomographie vorsieht. Da das Brustkrebsrisiko mit dem Alter steigt, haben bisher Frauen zwischen 50 und 69 Jahren alle zwei Jahre einen Anspruch auf eine Mammographie, das sogenannte Mammographie-Screening. „Voraussichtlich ab dem 1. Juli 2024 wird die Altersgrenze auf 75 Jahre angehoben, sodass auch diese Frauen von dem eindeutig nachgewiesenen Nutzen des Programms profitieren können“, ergänzt der Gynäkologe.

Unabhängig davon macht es Sinn, dass Frauen selber auf ihre Brust achten. Nicht selten werden erste äußerliche Symptome von den Patientinnen selbst entdeckt. Das erste Brustkrebs-Symptom, das auf die Erkrankung hinweisen kann, ist in der Regel ein Knoten. Aber auch Änderungen der Brustform, Schwellungen in der Achselhöhle, Veränderungen der Brustwarzen, Hautauffälligkeiten wie Rötungen, Dellen oder Vorwölbungen sind mögliche Warnzeichen. „Nicht jede Unregelmäßigkeit muss ein Grund zur Sorge sein. Dennoch sollten Auffälligkeiten immer ernst genommen und sicherheitshalber ärztlich abgeklärt werden“, macht Prof. Stickeler deutlich.

Welche Untersuchungsverfahren gibt es?

Ob eine Veränderung harmlos oder möglicherweise bösartig ist, kann letztlich nur die Gynäkologin oder der Gynäkologe zweifelsfrei feststellen. Hierzu werden weitergehende Untersuchungen eingeleitet. Bildgebende Verfahren helfen dabei, den Tastbefund abzuklären. „Angewandt werden meist eine Ultraschalluntersuchung (Mammasonographie) sowie die Röntgenuntersuchung der Brust (Mammographie) und gegebenenfalls eine Magnetresonanztomographie (MRT)“, sagt Prof. Stickeler. Bleibt der Befund unklar oder der Verdacht auf Brustkrebs bestehen, erfolgt immer eine Gewebeentnahme, auch Biopsie genannt, bei der in einem minimalinvasiven Eingriff unter örtlicher Betäubung Gewebe aus der Brust entnommen wird. „Die anschließende, feingewebliche Untersuchung der Gewebeprobe gibt Aufschluss darüber, ob der Befund bösartig ist, und wenn dies der Fall ist, auch über die Beschaffenheit des Tumors. Diese Befunde bilden die Grundlage für die individuelle Therapieplanung“, erklärt der Mediziner.

Diagnose Brustkrebs: Wie geht’s weiter?

Bestätigt sich der Verdacht, gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Welche Therapie infrage kommt, hängt von unterschiedlichen Faktoren wie beispielsweise der Tumorbiologie, möglichen Nebenerkrankungen sowie dem Alter der jeweiligen Patientin ab. „Im Rahmen der Brustkrebsbehandlung verfolgen wir einen multimodalen Ansatz, der mehrere Behandlungs- und Therapieelemente passend für den Einzelfall kombiniert“, erläutert Prof. Stickeler. Sinnvoll ist es, die Behandlung in einem zertifizierten Brustkrebszentrum, wie das der Uniklinik RWTH Aachen, planen und durchführen zu lassen. „Brustkrebspatientinnen benötigen Ärzte mit einer sehr hohen Expertise, die nur in interdisziplinären Tumorboards, bestehend aus Gynäkologen, Pathologen, Radiologen, Onkologen, Strahlentherapeuten gegeben ist. In unserem Brustkrebszentrum haben wir in jedem Einzelfall immer direkten Kontakt zu Fachexperten aller Abteilungen und erstellen so einen auf die Patientin zugeschnittenen Therapieplan, den wir ausführlich mit den betroffenen Frauen und ihren Angehörigen besprechen“, macht der Zentrumsleiter deutlich.

Bereits bei Diagnosestellung erhalten die Patientinnen auf Wunsch psychoonkologische Unterstützung. „Unsere Psychologinnen stehen ab Tag eins zur Verfügung und begleiten die Frauen sowohl während ihres stationären Aufenthaltes als auch bei der ambulanten Weiterbehandlung“, fügt der erfahrene Mediziner hinzu.

Behandlungsmöglichkeiten

Für die lokale Behandlung steht die Operation der Brust im Zentrum, die die vollständige Tumorentfernung zum Ziel hat. „In 75 Prozent aller Fälle kann heute die Brust erhalten werden und auch die Operation der Achselhöhle erfolgt zumeist minimal, ohne dass alle Lymphknoten entfernt werden müssen. Nach der Brusterhaltung wird zur Sicherheit immer bestrahlt. Diese Behandlung dauert heute nur noch drei Wochen“, erläutert Prof. Stickeler. „Sollte eine Entfernung der Brust notwendig sein, bieten wir hier im Brustzentrum den Wiederaufbau mit Implantaten und  in Zusammenarbeit mit der Klinik für Plastische Chirurgie, Hand- und Verbrennungschirurgie auch den Brustwiederaufbau mit eigenem Gewebe an. Viele dieser Eingriffe können auch in der gleichen Operation wie die Tumorentfernung durchgeführt werden.“

Da Brustkrebs eine Erkrankung ist, die auch unbemerkt Zellen im Körper streuen kann, muss fast immer eine medikamentöse Therapie durchgeführt werden. „Wir können heute in vielen Fällen eine Chemotherapie vermeiden und die Patientinnen mit einer reinen Antihormontherapie mit der Einnahme einer Tablette pro Tag effektiv behandeln. In den anderen Fällen, auch abhängig von der Art des Tumors, kann eine Chemotherapie sowie eine zielgerichtete Therapie wie beispielsweise eine Antikörpertherapie notwendig sein. Durch den Einsatz solcher systemischen Therapien, die den ganzen Körper betreffen, soll das Risiko für ein Wiederauftreten der Krankheit so weit wie möglich gesenkt werden. All diese Behandlungsschritte werden unter einem Dach im Brustzentrum der Uniklinik RWTH Aachen durchgeführt“, erklärt der Experte.

Prognose

Die Prognose bei Brustkrebs hängt im Wesentlichen vom Stadium des Tumors zum Zeitpunkt der Diagnose ab. Dank der verbesserten Früherkennungsmaßnahmen und Therapiemöglichkeiten der Krebsmedizin hat die Lebenserwartung bei Brustkrebs in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugenommen. Operative, strahlentherapeutische sowie medikamentöse Therapiekonzepte sind heute gezielter, personalisierter und häufig weniger belastend als früher. „Rechtzeitig erkannt und leitliniengerecht behandelt, sind die meisten Brustkrebserkrankungen heilbar“, sagt Prof. Stickeler. Fast 90 Prozent aller Brustkrebspatientinnen überleben die ersten fünf Jahre nach ihrer Diagnose.

Zertifiziertes Brustzentrum Aachen

Die Klinik für Gynäkologie und Geburtsmedizin an der Uniklinik RWTH Aachen verfügt über ein zertifiziertes Brustzentrum, eingebettet in das Centrum für Integrierte Onkologie – CIO Aachen, das auf die kompetente und umfassende Behandlung von Brusterkrankungen spezialisiert ist. Das Brustzentrum weist eine hohe Fachexpertise in der Behandlung von Brustkrebs sowohl auf ärztlicher wie auch auf pflegerischer Seite auf. Es bietet das gesamte Spektrum der Brustdiagnostik, Befundabklärung und Therapie sowie Nachbehandlung nach den neuesten Standards – unter einem Dach. Durch die Durchführung interdisziplinärer Team- und Fallbesprechungen sowie Tumorkonferenzen erfolgt jede Therapieplanung individuell abgestimmt auf die Behandlungserfordernisse der einzelnen Patientin.

Die Qualität des Brustzentrums ist durch die Deutsche Gesellschaft für Senologie und die Deutsche Krebsgesellschaft (im Rahmen des Centrums für Integrierte Onkologie – CIO Aachen) und durch das Land Nordrhein-Westfalen (Ärztekammer Nordrhein) zertifiziert.

Weitere Informationen finden Sie unter:
www.cio.ukaachen.de

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