Nicht hören können geht oft mit einer starken Einschränkung der Teilnahme am sozialen Leben einher. Das Cochlea-Implantat (CI) bietet eine Lösung für taube Menschen oder jene, bei denen Hörgeräte nicht mehr ausreichen.
Stellen Sie sich vor, die Welt um Sie herum wird still. Gespräche werden zu einem stummen Film, Musik zu einer Erinnerung und das Lachen Ihrer Liebsten zu einem tonlosen Bild. Für viele Menschen ist dies Realität, wobei sich ein Gehörverlust sowohl schleichend anbahnen als auch plötzlich auftreten kann. Betroffenen kann ein Cochlea-Implantat helfen. Das ist eine Hörprothese für hochgradig schwerhörige und taube Menschen, deren Hörnerv aber funktionsfähig ist. Da das Cochlea-Implantat direkt in die Hörschnecke (lateinisch: Cochlea) eingelegt wird, erklärt sich auch der Name. Es umgeht die geschädigten Haarzellen im Innenohr und sendet Signale direkt an den Hörnerv, wodurch das Gehirn wieder Klänge wahrnehmen kann. Cochlea-Implantate werden bei verschiedenen Formen der cochleären Schwerhörigkeit eingesetzt:
- Postlinguale Ertaubung: Gehörlosigkeit nach dem Erlernen der Sprache
- Prälinguale oder geerbte Taubheit bei Kleinkindern und Säuglingen: Gehörlosigkeit vor dem Erlernen der Sprache
- Hochgradige Schwerhörigkeit: Wenn Hörgeräte nicht mehr ausreichen
So funktioniert ein Cochlea-Implantat
Das CI besteht aus einem externen und einem implantierten Teil. Der externe Teil, der hinter dem Ohr getragen wird, setzt sich aus Mikrofon, Sprachprozessor, Batterie und Spule zusammen. Diese Komponenten übertragen digitale Informationen an die implantierte Spule, die die Signale an eine Stimulationsschaltung weiterleitet. Diese erzeugt die erforderlichen Ströme für die Elektroden in der Cochlea, die den Hörnerv erregen.
Operation und Nachsorge
Die Vorstellung, ein Implantat im Kopf zu haben, kann beängstigend sein. Doch das Implantat hat keine eigene Batterie, sondern wird über die elektromagnetische Spule vom außen gelegenen Sprachprozessor mit Strom versorgt. Die Operation selbst ist ein Routineeingriff, der in Vollnarkose durchgeführt wird und etwa ein bis zwei Stunden dauert. Der Hautschnitt erfolgt hinter der Ohrmuschel, und das Implantat wird unter die Haut geschoben. Nach der Operation ist ein stationärer Aufenthalt von ca. 4 bis 5 Tagen erforderlich. Etwa 4 Wochen nach der Operation erfolgt die Erstanpassung und Aktivierung des Implantats unter Einbeziehung von Hör- und Sprachtherapien.
„Viele Betroffene haben anfangs Ängste wegen der OP, die wir jedoch durch umfassende Aufklärung und Unterstützung abmildern können. Die ersten Höreindrücke unserer Patientinnen und Patienten nach der Aktivierung des Implantats sind oft sehr emotional“, berichtet Univ.-Prof. Dr. med. Markus Wirth, Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie und kommissarischer Direktor der Klinik für Phoniatrie, Pädaudiologie und Kommunikationsstörungen an der Uniklinik RWTH Aachen.
Nach der Erstanpassung kommen Patientinnen und Patienten regelmäßig in die Klinik, um den Sprachprozessor feinzujustieren sowie weitere Hör- und Sprachtherapien zu erhalten. Die Abstände dieser Sitzungen werden immer größer, von anfänglich monatlichen bis hin zu jährlichen Kontrollen. Die Haltbarkeit der im Kopf implantierten Hörimplantate liegt in der Regel bei über 20 Jahren, wobei der externe Audioprozessor ohne operativen Eingriff ausgetauscht werden kann, um von neuester Technologie zu profitieren. Ein Austauschen der inneren Implantate kann in seltenen Fällen aus technischen oder medizinischen Gründen notwendig werden.
Vorteile eines Cochlea-Implantats
- Wieder hören: Das CI ermöglicht es, Klänge und Sprache wieder wahrzunehmen.
- Verbessertes Sprachverständnis: Gespräche werden wieder verständlich, auch in lauter Umgebung.
- Musik und Telefonieren: CI-Träger können wieder telefonieren und (wenn auch mit Einschränkungen) Musik genießen.
- Soziale und berufliche Integration: Die verbesserte Hörfähigkeit erleichtert die Kommunikation und fördert die soziale Teilhabe.
Vor allem für hörgeschädigte Kinder bieten Cochlea-Implantate eine wertvolle Möglichkeit, die Sprach- und Hörentwicklung zu fördern. Eine frühzeitige Versorgung kann dabei entscheidend sein, Kinder durch Teilhabe an auditiver Kommunikation sozial und schulisch zu integrieren.
Prof. Wirth fasst zusammen: „Cochlea-Implantate bieten eine beeindruckende Möglichkeit, das Hörvermögen und damit die Lebensqualität erheblich zu verbessern. Sie ermöglichen es Betroffenen, wieder aktiver am sozialen und beruflichen Leben teilzunehmen und die Welt der Klänge neu zu entdecken.“
Die Uniklinik RWTH Aachen bietet eine spezielle Sprechstunde für Cochlea-Implantate an. Diese findet täglich von 08:00 bis 11:30 Uhr statt. Termine können gern über die Telefonnummern 0241 80-89361 oder 80-88416 vereinbart werden. Die Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie an der Uniklinik RWTH Aachen ist seit September 2021 nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e.V. zertifiziert.