Neue Kraft für ein krankes Herz

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Die Herzinsuffizienz gehört zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Dabei ist das Herz zu schwach, um den Körper ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen zu versorgen. In solchen Fällen können Herzunterstützungssysteme (kurz: Ventriculare Assist Devices) die Pumpfunktion des Herzens ganz oder teilweise übernehmen, um den Betroffenen wieder ein aktives Leben zu ermöglichen. Im Interview erläutert Univ.-Prof. Dr. med. Ajay Moza, Direktor der Klinik für Herzchirurgie an der Uniklinik RWTH Aachen, was es mit den technischen Lebensrettern auf sich hat.

Herr Prof. Moza, was versteht man eigentlich unter einem Herzunterstützungssystem beziehungsweise einem Herzinsuffizienz-VAD? 

Prof. Moza: Ein Herzunterstützungssystem ist eine mechanische Pumpe, die das Herz unterstützt, wenn es krankheitsbedingt zu geschwächt ist. Hierbei unterscheidet man zwischen Kurz- und Langzeitsystemen. Bei Kurzzeitsystemen handelt es sich um Geräte, die vor allem bei akuter oder plötzlicher Herzschwäche eingesetzt werden. Bei Patientinnen und Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz kommen hingegen Langzeitsysteme, sogenannte ventrikuläre Unterstützungssysteme, zum Einsatz. Ein Ventricular Assist Device übernimmt teilweise oder vollständig die Pumpfunktion des Herzens, und stellt so die Blutversorgungdes Körpers sicher. Dabei gibt es verschiedene Arten von Systemen. Am häufigsten wird die linke Herzkammer unterstützt (kurz: Left Ventricular Assist Device), da sie die Hauptarbeit bei der Blutversorgung des Körpers leistet. Das LVAD saugt Blut aus dem linken Ventrikel und pumpt es in die Aorta, die Hauptschlagader und größte Arterie des Körpers, die  sauerstoffreiches Blut vom Herzen in den Körper leitet. Es gibt auch Systeme für die rechte Herzkammer (RVAD), die das Blut in die Pulmonalarterie pumpen, das Gefäß, das sauerstoffarmes Blut zur Lunge transportiert. Werden beide Herzkammern unterstützt, spricht man von einem biventrikulären Unterstützungssystem.

Wann wird ein VAD-System zur Unterstützung des Herzens eingesetzt?  

Prof. Moza: Ein Herzunterstützungssystem kommt vor allem in drei Fällen zum Einsatz: als temporäre Unterstützung nach Operationen, bis sich die Herzfunktion wieder stabilisiert, als Überbrückung zur Herztransplantation (sogenannte Bridge to Transplant) oder als dauerhafte Lösung, wenn das Herz trotz maximaler medikamentöser Therapie nicht mehr ausreichend arbeitet (Destination Therapy). Meist betrifft das Menschen mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz, die im Alltag stark eingeschränkt sind.

Wie läuft eine VAD-Implantation genau ab?

Prof. Moza: Die Implantation eines LVAD-Systems ist ein komplexer chirurgischer Eingriff, der unter Vollnarkose erfolgt und in der Regel mehrere Stunden dauert. Dabei wird das  Pumpmodul in die linke Herzkammer eingesetzt. Über einen Ansaugstutzen wird das Blut direkt aus der linken Kammer angesaugt und über eine kurze Gefäßprothese in die Aorta weitergeleitet. Auf diese Weise übernimmt das System vollständig oder teilweise die Pumpfunktion des Herzens und versorgt die Organe mit sauerstoffreichem Blut. Ein Kabel, das durch die Bauchdecke nach außen geführt wird, verbindet die Pumpe mit einer externen Steuerungseinheit und Akkus. Diese Steuereinheit reguliert die Funktion des Systems und ermöglicht die tägliche Nutzung im Alltag.

Was erwartet Betroffene nach der Operation?

Prof. Moza: Träger eines Herzunterstützungssystems haben ein erhöhtes Risiko für Blutgerinnsel. Um dieses zu minimieren, bekommen Patientinnen und Patienten lebenslang blutverdünnende Medikamente und werden regelmäßig kontrolliert. Darüber hinaus sollten Betroffene nach der Implantation auf mögliche Anzeichen einer Infektion achten und sich bei Symptomen wie zum Beispiel Fieber oder Schmerzen im Brustbereich ärztlichen Rat einholen.

Welche Rolle spielt die psychologische Betreuung bei VADträgern?

Prof. Moza: Die psychische Begleitung spielt eine zentrale Rolle im Behandlungskonzept von VAD-Patientinnen und -Patienten. Die Vorstellung, dauerhaft mit einem mechanischen Gerät zu leben, das das eigene Herz unterstützt, kann anfangs verunsichern oder sogar Angst auslösen. Hinzu kommen Sorgen über mögliche Komplikationen, Abhängigkeit von Technik oder Einschränkungen im Alltag. Ein wesentlicher Bestandteil unseres Betreuungskonzepts ist deshalb die enge Begleitung durch unseren erfahrenen VAD-Koordinator Dr. Thomas Berg. Er verfügt über langjährige Erfahrung im Umgang mit VAD-Patientinnen und -Patienten und ist eine wichtige Schnittstelle zwischen Klinik, Technik und individueller Lebenssituation. Unterstützt wird er von einem Team spezialisierter Ärztinnen und Ärzte, die nicht nur die medizinische, sondern auch die psychosoziale Betreuung engmaschig begleiten. Selbstverständlich binden wir auch Angehörige und nahestehende Bezugspersonen frühzeitig und umfassend in die Betreuung mit ein – sei es durch Aufklärungsgespräche, Schulungen oder persönliche Beratung. Denn ein gutes Verständnis und eine stabile Unterstützung im sozialen Umfeld sind entscheidend für den langfristigen Erfolg der Therapie und die Lebensqualität unserer Patientinnen und Patienten.

Die Herz-Lungen-Maschine sorgt, während der VAD-Implantation dafür, dass sauerstoffreiches Blut durch den Körper bewegt wird. Sobald der Eingriff abgeschlossen ist, wird die Maschine abgeschaltet und das VAD-System beginnt zu arbeiten.

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